Robot Recruiting:Einmal Indien und zurück

Früher schickten Firmen aus Europa und den USA die Unterlagen von Bewerbern zur Bearbeitung in Billiglohnländer. Jetzt übernehmen Roboter diesen Job.

Von Christine Demmer

Die Automatisierung von Personaldienstleistungen trifft Niedriglohnländer wie Indien oder die Philippinen an einer empfindlichen Stelle. Denn intelligente Software und Automatisierung machen ihr großes Plus, das riesige Potenzial an preisgünstigen Arbeitskräften, für Kunden in den Industrieländern überflüssig. Deutlich zu sehen ist das bei Routinetätigkeiten, mit denen Personalabteilungen immer wieder zu tun haben, zum Beispiel Gehaltsabrechnung, Personalverwaltung und das Bewerbermanagement. Seit den frühen Neunzigerjahren haben viele Unternehmen die Prüfung von Bewerbungsunterlagen in zentrale Dienstleistungszentren ausgelagert.

Diese Zentren standen erst im Inland und wurden mit eigenem Personal betrieben. Später errichteten IT- und Beratungsfirmen wie IBM, Accenture und Capgemini in Osteuropa und Asien große Verarbeitungszentren. Dort registrieren Heerscharen von englischsprachigen Fachkräften die bei den Kunden eingegangenen Bewerbungsunterlagen. Sie prüfen, ob die Standardanforderungen erfüllt sind - welche Hochschule, welcher Abschluss, welche Fremdsprachen, wie viele Jahre Berufspraxis -, ob mithin Bewerber und Jobprofil zusammenpassen.

Auf Kundenwunsch führen die Mitarbeiter in den Callcentern in Hyderabad oder Manila auch telefonische Vorabinterviews mit den Bewerbern. Am Ende bringen sie die Kandidaten für eine bestimmte Stelle in eine Rangfolge. Die Recruiter arbeiten dann diese Listen von oben nach unten ab. Das heißt, sie laden zur Vorstellung, führen die Gespräche und treffen zusammen mit der Fachabteilung die Einstellungsentscheidung.

Dank kluger Algorithmen und der Fortschritte in der Automatisierung dürfte der mittlere Prozessschritt, also die Prüfung der Unterlagen durch preiswerte Arbeitskräfte, künftig von Rechnern übernommen werden. Und der steht nicht am anderen Ende der Welt, sondern auf dem Schreibtisch des Personalers.

© SZ vom 17.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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