Reform der Hochschulfinanzierung:Überraschender Zuspruch

Eigentlich ist die SPD gegen die Reform der Hochschulfinanzierung, die die Bundesbildungsministerin vorantreibt. Wissenschaft ist Ländersache - dieses Prinzip will Annette Schavan aufweichen und damit mehr Gelder für Institute und Hochschulen freigeben. Und plötzlich wirbt auch ein SPD-Bildungsexperte bei seiner Partei für die Grundgesetzänderung.

Roland Preuss

Der langjährige Berliner Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) ruft seine Partei dazu auf, die geplante Änderung des Grundgesetzes für die Hochschulen mitzutragen. Kurz vor der Abstimmung im Bundesrat an diesem Freitag sagte Zöllner der Süddeutschen Zeitung: "Die SPD sollte diesen ersten Schritt unterstützen und die Verfassungsänderung mittragen. Über eine weitere Öffnung der Bildungspolitik für den Bund sollte man später sprechen."

Zöllner gilt als einer der profiliertesten Bildungspolitiker der Sozialdemokraten. Der Professor für Biochemie war für die SPD lange Bildungsminister in Rheinland-Pfalz und später Senator in Berlin; vergangenen Herbst schied er aus dem Amt aus.

Die Bundesregierung will das Grundgesetz ändern, die Länderkammer muss zustimmen. Der Entwurf von Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) soll das sogenannte Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in der Bildungspolitik lockern, das seit der Föderalismusreform von 2006 den Einfluss des Bundes in dem Bereich strikt beschränkt. Schavan will dem Bund ermöglichen, Universitäten und einzelne Institute dauerhaft zu fördern. Dies ist bislang nur befristet möglich.

SPD und Grüne lehnen das als unzureichend ab und fordern, dass der Bund auch in der Schulpolitik wieder Einfluss erhalten müsse. Weil Schavan im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit benötigt, steht die Reform damit vor dem Scheitern. Zöllner sagte, die Forderung der SPD sei zwar berechtigt, derzeit aber nicht durchsetzbar. Allerdings sei es schon jetzt denkbar, dass der Bund Sozialarbeiter oder Erzieher an den Schulen mittels eines Staatsvertrages mit den Ländern unterstütze. "Wir brauchen diese Hilfe des Bundes, weil die Länder sonst die Herausforderungen an den Schulen nicht bewältigen können." Ähnliches sei bei den Kosten für ausländische Studierende denkbar, die auch der Bund übernehme könnte.

Schavan selbst forderte die Opposition am Donnerstag erneut auf, der Grundgesetzänderung zuzustimmen. "Wenn wir hier nicht handeln, schwächen wir die Hochschulen", sagte die Ministerin der Welt. Die jetzigen Schranken hätten dazu geführt, dass immer mehr hochkarätige Forschung aus den Hochschulen in Institute außerhalb der Universitäten abgewandert sei. Die Hochschulen seien aber das Herzstück der Wissenschaft.

"Wer sich neuen Wegen verschließt, riskiert Stillstand", sagte Schavan. "Und in diesem dynamischen Feld heißt das: Es geht Attraktivität verloren." Die Bildungsministerin erklärte sich bereit, "grundsätzlich" über mehr Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern zu sprechen, auch bei den Schulen. Aber dazu müssten sich alle Beteiligten erst einmal über die Ziele einig werden.

Damit spielte Schavan auf die Zerstrittenheit der Länder an. Dort gibt es sehr unterschiedliche Reformvorstellungen, auch über Parteigrenzen hinweg. Bayern ist einer der stärksten Unterstützer des Kooperationsverbotes, während die rheinland-pfälzische Kultusministerin Doris Ahnen (SPD) am Donnerstag verlangte, der Bund müsse künftig auch Ganztagsschulen und frühkindliche Bildung fördern können. Sonst gebe es keine Zustimmung.

Die Liberalen im Bundestag kündigten ihrerseits an, hart bleiben zu wollen, selbst wenn Rot-Grün die Reform im Bundesrat blockieren sollte. "Zu glauben, dass mit dieser Haltung eine generelle Grundgesetzänderung erzwungen werden kann, ist illusorisch", sagte der FDP-Bildungspolitiker Patrick Meinhardt.

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