Recht so:Neue Urteile

Riskieren Mitarbeiter eines Bürgeramtes die fristlose Kündigung, wenn sie unbefugt personenbezogene Daten abrufen und weitergeben? Hat auch ein Ersatzmitglied des Betriebsrats Anspruch auf Freistellung für eine Grundlagenschulung?

Riskante Neugier. Mitarbeitern eines Bürgeramtes droht die fristlose Kündigung, wenn sie unbefugt personenbezogene Daten abrufen und weitergeben. Das gilt auch dann, wenn Informationen nur wenige Personen betreffen und das allein aus persönlicher Neugierde geschieht. In einem vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg verhandelten Fall hatte die Mitarbeiterin eines Bürgeramts Hunderte Male Melderegisterdatensätze abgerufen. Darunter war zum Beispiel die Tochter ihres Freundes sowie ein Bekannter und dessen Ex-Frau. Dem Bekannten soll sie außerdem Daten seiner Ex-Frau weitergegeben haben, um ihn in einem Unterhaltsstreit zu unterstützen. Das ist zwischen den Parteien allerdings umstritten. Als der massenhafte Abruf von Daten herauskam, kündigte ihr der Arbeitgeber. Mit Erfolg. Die mit Daten beschäftigten Arbeitnehmer seien einem besonderen Geheimnisschutz verpflichtet. Die Klägerin war wegen des Abrufs der Daten auch strafrechtlich verurteilt worden. Das Verhalten sei so schwerwiegend, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sei. (Az.: 10 Sa 192/16)

Nötige Schulung. Mitglieder eines Betriebsrates können Anspruch auf eine Grundlagenschulung haben. Der Arbeitgeber muss sie dafür freistellen und die Kosten tragen. Das gilt auch für dritte Ersatzmitglieder einer Wahlliste - sofern die Prognose berechtigt ist, dass sie als Ersatzmitglied tatsächlich häufiger an Betriebsratssitzungen teilnehmen. In dem vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein verhandelten Fall bestand der Betriebsrat aus Mitgliedern von drei Wahllisten. Er wollte ein drittes Ersatzmitglied einer Liste zu einer Grundlagenschulung schicken. Der Arbeitgeber lehnte die Kostenübernahme ab. Daraufhin beantragte der Betriebsrat bei Gericht, den Arbeitgeber zur Kostenübernahme und Freistellung zu verpflichten. Der Antrag war in zwei Instanzen erfolgreich. Denn Mitglieder eines Betriebsrats haben grundsätzlich Anspruch auf Schulungen. Das gilt besonders, wenn sie in der Vergangenheit noch nicht daran teilgenommen haben - wie im konkreten Fall. Eine Schulung sei immer erforderlich, wenn ein Ersatzmitglied an mehr als 40 Prozent aller Betriebsratssitzungen teilnimmt. (Az.: 1 TaBV 63/15)

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