Plagiatsvorwürfe gegen zu Guttenberg:Ein Vergehen, kein Versehen

Weder Kavaliersdelikt noch peinlicher Fauxpas - das Abkupfern bei einer Doktorarbeit hat strafrechtliche Relevanz. Karl-Theodor zu Guttenberg blieb eine eidesstattliche Versicherung erspart, seiner Alma Mater reichte eine "ehrenwörtliche Erklärung".

R. Neumaier

Bei einer Doktorarbeit abzukupfern, ist weder ein Kavaliersdelikt noch ein peinlicher Fauxpas, wie es in den letzten Tagen häufig verharmlosend dargestellt worden ist. Es handelt sich nicht um ein Versehen, sondern um ein Vergehen, und in der Regel hat es strafrechtliche Relevanz. Denn an sehr vielen Universitäten müssen Doktoranden bei der Abgabe ihrer Dissertation an Eides statt versichern, dass sie ihre Studie "ohne unzulässige Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt" haben.

Dies regeln Promotionsordnungen (das Beispiel stammt von den Philosophischen Fakultäten der Universität Regensburg). Die Kandidaten werden darüber aufgeklärt, dass falsche Angaben mit einjähriger Haft oder Geldstrafe geahndet werden, ehe sie die eidesstattliche Versicherung unterzeichnen.

Karl-Theodor zu Guttenberg blieb eine eidesstattliche Versicherung erspart, weil an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth eine "ehrenwörtliche Erklärung des Bewerbers darüber" reicht, dass "er die Dissertation selbständig verfasst und keine anderen als die von ihm angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt hat". Der CSU-Politiker musste also nur ein Ehrenwort abgeben, als er die Dissertation zur Begutachtung einreichte. Es hat Gründe, wenn andere Fakultäten mehr als das Ehrgefühl ihrer Doktoranden einfordern und auf die eidesstattliche Versicherung pochen.

Um die Promotion zu vollenden, musste sich Guttenberg einem Kolloquium unterziehen. Dabei handelt es sich laut der Bayreuther Promotionsordnung zufolge um eine "kollegiale Einzelprüfung", die sich auf die Grundlagen der Dissertation sowie auf Probleme beziehe, die "sachlich oder methodisch mit der Dissertation zusammenhängen". Sein spezifisches methodisches Problem hat Guttenberg sicher nicht ausgebreitet. Seine Redekunst beeindruckte die Prüfungskommission, er erhielt auch im Kolloquium ein summa cum laude.

Die Angelegenheit hat die Pointe, dass der Freiherr bislang genau das personifizierte, was in der entromantisierten Welt als Begriff von Ehre übriggeblieben ist. Und dass ausgerechnet er sein Ehrenwort offenbar allzu leichtfertig gab. Zu seiner Ehrenrettung führt er nun unter anderem seine Belastung als junger Familienvater an, die ihn bei seiner wissenschaftlichen Arbeit behindert haben soll. Im akademischen Betrieb zählt ein solches Argument nicht, auch wenn es die Schar seiner Anhänger überzeugen mag. Aber die Schar wird kleiner. Und das liegt daran, dass Ehre und Ehrlichkeit sehr eng zusammenhängen - nicht nur etymologisch.

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