Personalsuche:Komm zu uns!

Grubensicherung bei K+S

Einer von uns: Fast jede dritte Stelle wird über persönliche Kontakte besetzt. Auf diesem Weg gefundene Kollegen passen oft besonders gut ins Team.

(Foto: Martin Schutt/dpa)

Unternehmen setzen ihre Mitarbeiter als Headhunter ein. Welchen Erfolg haben Programme zum Empfehlungsmanagement?

Von Michel Winde/dpa

Stellenmärkte, Karriereseiten, Jobbörsen, soziale Medien - die Mitarbeitersuche vieler Firmen beschränkt sich oft auf etablierte Kanäle. In Zeiten vieler unbesetzter Stellen müssen die Unternehmen allerdings auch andere Wege gehen und setzen auf Ressourcen im eigenen Haus. Neben Headhuntern sollen auch Angestellte neue Mitarbeiter werben. Bei erfolgreicher Vermittlung winken Prämien.

"Die Idee, die Mitarbeiter als Botschafter fürs eigene Unternehmen zu nutzen, ist eine hervorragende Idee und so alt wie der Fachkräftemangel", sagt Tim Weitzel, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Sozialforschung (IAB) in Nürnberg zufolge wird fast jede dritte Stelle über persönliche Kontakte besetzt. Bei den 1000 größten Unternehmen in Deutschland ist es laut Weitzel knapp jede zehnte Stelle.

Damit sei dies der zweitstärkste Kanal bei der Mitarbeitersuche - noch vor Social Media und der Arbeitsagentur. "Das ist sensationell und hat sich in den letzten Jahren entwickelt", sagt Weitzel. Das Konzept bietet sich vor allem dort an, wo viele Stellen unbesetzt sind, etwa in technischen Berufen oder im Gesundheitswesen und in Pflegeberufen. Die Vorteile: Eigene Mitarbeiter sind als Botschafter für ein Unternehmen glaubwürdiger als jeder Headhunter. Der Bewerbungsprozess wird beschleunigt. Und Mitarbeiter empfehlen nur Leute, von denen sie etwas halten. Weitzel spricht von einem "mächtigen Kanal".

Weitzel kennt jedoch auch die Grenzen: "Ein nennenswerter Teil der Mitarbeiter spricht keine Empfehlungen aus." Vor allem Frauen und Ältere hätten die Sorge, eine Empfehlung könnte sich als Flop erweisen. Viele wollten zudem Beruf und Privates trennen.

Lionel von Dobeneck hat 2012 mit zwei Freunden in München die Firma Talentry gegründet. Das Start-up bietet Unternehmen die Software für entsprechende Empfehlungsprogramme im Haus. "In kleinen Unternehmen kann man das über den Flurfunk abdecken", sagt Dobeneck. Je größer eine Firma werde, desto geringer sei jedoch die Quote der Einstellungen durch Mitarbeiterempfehlungen. Talentry will den Empfehlungs- und Bewerbungsprozess deshalb vereinfachen.

Dabei können Mitarbeiter Freunde über soziale Netzwerke wie Xing, Facebook oder Whatsapp eine Privatnachricht schicken und sie auf eine freie Stelle hinweisen. Die Bewerbung läuft dann mit wenigen Klicks über einen personalisierten Link - das Unternehmen weiß also gleich, wer den Bewerber über die freie Stelle informiert hat. "Damit spart man allen Beteiligten Arbeit", sagt Dobeneck. Zudem würden auch Leute erreicht, die nicht aktiv auf Jobsuche sind. Der Vermittler kassiert eine Prämie: Geld, Urlaubstage, Warengutscheine.

Der Hamburger Onlinehändler Otto hat eine achtmonatige Pilotphase mit Talentry hinter sich - und rollt das Verfahren auf den Hamburger Campus mit 5000 Mitarbeitern aus. Der Pilot sei "sehr gut" gelaufen, sagt Myra Monheim von Ondarza, die für Personal- und Organisationsprojekte zuständig ist. "Die Möglichkeit der Mitarbeiterwerbung besteht seit über zehn Jahren, ist aber nicht sehr stark genutzt worden." Das Verfahren sei wohl zu kompliziert gewesen.

Während der Pilotphase hätten sich wesentlich mehr Jobsuchende mit passendem Profil gemeldet. Die Quote jener Bewerber, die zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurden, habe sich verdoppelt, sagt Monheim von Ondarza. Für eine Vermittlung winken bei Otto Prämien zwischen 500-Euro-Warengutschein und 5000-Euro-Auszahlung.

Otto will Talente erreichen, auf die das Unternehmen sonst weniger Zugriff hätte. Es sei "ein Riesenvorteil, wenn Mitarbeiter, die unser Unternehmen schätzen, ihre Netzwerke auf uns aufmerksam machen", sagt Monheim von Ondarza. Die ProSiebenSat.1-Gruppe, das Musiklabel Universal oder der Klinikkonzern Vivantes arbeiten auch mit Talentry. Doch Talentry ist nicht das einzige Start-up mit einer Empfehlungssoftware. Firmen mit ähnlichem Angebot sind etwa Eqipia und Firstbird.

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