Personalentwicklung:Einblick ins Ego

Wie mit Persönlichkeitstests die Arbeit von Teams und Führungskräften verbessert werden soll.

Von Wiebke Schodder

Hippokrates und sein Schüler Polybius waren überzeugt: Blut, Schleim und Gallenflüssigkeit bestimmen die menschliche Persönlichkeit. Sie lassen uns heiter oder schwerfällig, nachdenklich oder reizbar werden. An die antike Temperamentenlehre der prägenden Körpersäfte glaubt heute - trotz konstanter Erwähnung in Psychologie-Seminaren - wohl niemand mehr. Die Erforschung der Persönlichkeit ist aber auch nach Jahrtausenden noch nicht abgeschlossen und hat mittlerweile sogar den Weg in die Unternehmenswelt geschafft. Dort werden mit Hilfe von Persönlichkeitstests immer häufiger Mitarbeiter auf die imaginäre Couch gelegt und in ein Farb- oder Begriffsschema eingestuft.

Vorgesetzter mit Mitarbeiterin

Wie viel erfährt der Chef durch Persönlichkeitstests?

(Foto: Foto: photodisc)

Wie eine Studie des Instituts für Unternehmensführung der Fachhochschule Mannheim im letzten Jahr ergab, hat fast jedes zweite der 41 befragten Dax- und MDax-Unternehmen in den letzten drei Jahren mit Persönlichkeitsindikatoren gearbeitet. Die Fragebögen kamen vor allem bei der Teamentwicklung sowie zur Verbesserung von Führungsverhalten zum Einsatz.

In Bewerbungsverfahren hingegen vertrauen die meisten Unternehmen noch immer auf alt bewährte Methoden wie das Assessment Center. Doch auch hier ist nach Ansicht der Forscher eine steigende Tendenz erkennbar.

Wer bin ich? "Das Bedürfnis, auf diese Frage eine Antwort zu bekommen, ist enorm gewachsen", sagt Michael Kobl, Psychologie im Talent Center der HypoVereinsbank. "Dabei ist man selbst doch der einzige, der es wirklich wissen kann." Das heißt, auch Vorgesetzte erfahren mit diesen Untersuchungsverfahren nur so viel von der Persönlichkeit ihrer Mitarbeiter, wie diese bereit sind preiszugeben. In den meisten Fällen sind die Probanden aber recht offen, ermöglichen die Einblicke in ihr Ego doch vor allem für sie selbst Entwicklungschancen und eine Förderung der eigenen Stärken. "Ein Persönlichkeitstest ist der Startpunkt für die Auseinandersetzung mit dem eigenen Ich und den beruflichen Vorstellungen", meint Kobl. Die wahre Arbeit beginnt also erst nach dem Papier-Geständnis.

Die Fülle der Angebote ist mittlerweile nahezu unüberschaubar groß geworden. "Nirgendwo wuchert die Scharlatanerie in Deutschland so sehr wie bei Persönlichkeitstests", sagt Kobl. Der Laie erkennt den Unterschied zwischen unseriösen und wissenschaftlich fundierten Modellen oft nicht. Eine Orientierungshilfe soll da die vom Berufsverband Deutscher Psychologen initiierte DIN 33430-Norm sein, nach der die Angebote untersucht und zertifiziert werden.

Als vier bewährte Modelle haben sich der Myer Briggs Typen Indikator (MBTI) und das Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsentwicklung (BIP) als wissenschaftliche sowie das DISG-Modell und das Insights-Profil als kommerzielle Angebote erwiesen. Je nach Einsatzgebiet und finanziellen Möglichkeiten eignet sich das eine besser als das andere.

Grundsätzlich gilt aber nach Ansicht von Kobl für alle auf dem Markt erhältlichen Modelle: "Einem guten Coach ist es egal, woher er das Angebot nimmt. Er kann einen schlechten Test wettmachen."

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