OECD-Bericht zur Akademiker-Ausbildung:Zu wenige studieren

Schlechte Noten für das deutsche Bildungssystem: Laut einer OECD-Studie bilden andere Länder weit mehr Abiturienten und Hochschulabsolventen aus.

Nach dem schlechten Abschneiden des deutschen Schulsystems im internationalen Vergleich gibt es jetzt auch von den Hochschulen alarmierende Nachrichten: Bei der Ausbildung von Hochqualifizierten hat Deutschland den Anschluss an die anderen OECD-Staaten verloren und riskiert damit seine Zukunft als eine der führenden Industrienationen. Das ergibt sich aus der am Dienstag in Berlin veröffentlichten OECD-Studie "Bildung auf einen Blick". Bildungspolitiker von Bund und Ländern erwarten Besserung in den nächsten Jahren.

OECD-Bericht zur Akademiker-Ausbildung: Deutschland verliert den Anschluss

"Deutschland ist in der Bildung auf einem guten Weg", heißt es beim Bundesbildungsministerium. Die OECD dagegen mahnt, Deutschland verliere bei der Ausbildung Hochqualifizierter den Anschluss an die anderen Mitgliedstaaten.(Das Foto zeigt von links: Ute Erdsiek-Rave, Präsidentin der Kultusminister-Konferenz, Andreas Storm, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesbildungsministerium und OECD-Bildungskoordinator Andreas Schleicher bei der Präsentation des OECD-Berichts.)

(Foto: Foto: dpa)

Die jährlich erscheinende Untersuchung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) analysiert die Entwicklung der Bildungssysteme in den 30 größten Industrienationen und konzentriert sich 2006 auf den Hochschulbereich. Dort konnte Deutschland den Anteil der Absolventen zwischen 2000 und 2004 zwar von 19,3 auf 20,6 Prozent steigern. Die meisten OECD-Länder machten aber weit größere Fortschritte: Im Durchschnitt können inzwischen 36,8 Prozent eines Altersjahrgangs einen Abschluss im tertiären Bereich des Bildungswesens vorweisen. Lediglich Tschechien, Österreich und die Türkei bilden weniger Akademiker pro Jahrgang aus als Deutschland.

OECD-Bildungsexperte Andreas Schleicher verwies darauf, dass an deutschen Schulen gemessen am OECD-Schnitt relativ wenig junge Menschen eine Studienberechtigung für Universität oder Fachhochschule anstreben. Schleichter sieht daher "das Potenzial für Steigerungen als weitgehend ausgeschöpft" an. In Deutschland erwerben 38,8 Prozent eines Jahrganges die Hochschulreife, im OECD-Schnitt sind dies inzwischen 67,7 Prozent.

"Wenn man berücksichtigt, dass künftig geburtenschwache Jahrgänge die Schule verlassen, wird Deutschland den steigenden Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften so nicht befriedigen können", warnte Schleicher. Der Anteil der deutschen Uni-Absolventen an der Gesamtzahl der Absolventen im OECD-Raum sei seit dem Jahr 2000 bereits von 6,8 auf 5,7 Prozent zurückgegangen. Bei Fortschreibung dieser Entwicklung werde sich bis 2014 ein weiterer Rückgang des "OECD-Marktanteils" an den Spitzenkräften auf 3,6 Prozent ergeben. Nur für die USA werde ein noch größerer Rückgang erwartet.

Besser steht Deutschland da bei den Abschlüssen des Sekundarbereichs II, in dem das Abitur erworben oder ein Lehre abgeschlossen wird: 2004 hatten 85 Prozent der 25- bis 45-Jährigen einen solchen Abschluss. Dieser Wert wird nur von sieben OECD-Ländern um mehr als fünf Prozentpunkte übertroffen. Der Bericht weist aber darauf hin, dass diese Qualifikationen mittlerweise auch international weitgehend zur Norm geworden seien.

Kritik übt die OECD an der Finanzausstattung des Bildungssystems sowie an einer falschen Verteilung der Mittel. Der Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt liege mit 5,3 Prozent deutlich unter dem OECD-Durchschnitt von 5,9 Prozent. Zudem finanziere der deutsche Staat den Hochschulbereich stärker als die Kindergärten. Das sei "bildungsökonomisch nicht erklärbar", da die gesellschaftlichen Erträge im Vorschulbereich besonders hoch seien.

Staatssekretär Andreas Strom vom Bundesbildungsministerium äußerte sich trotz der Ergebnisse optimistisch: "Mit der gemeinsamen Anstrengung von Bund und Ländern werden wir in wenigen Jahren zu führenden Staaten der OECD aufschließen."

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Ute Erdsiek-Rave, nahm die Studie als Beweis, "dass sich unsere Bildungspolitik in die richtige Richtung entwickelt". Hingegen beklagte die stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Marianne Demmer, dass Deutschland auf wichtigen Feldern weiter an Boden verloren habe und eine Trendwende nicht in Sicht sei.

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