Niederlande:Frauen per Gesetz in die Chefetage

In den Niederlanden soll die Frauenquote in Führungsgremien gesetzlich verankert werden. Deutschland lehnt eine solche Verpflichtung ab - aus gutem Grund.

S. Haas u. D. Kuhr

Die Niederlande wollen Unternehmen dazu verpflichten, Vorstände und Aufsichtsräte zu mindestens 30 Prozent mit Frauen zu besetzen. Dies sieht ein Gesetzentwurf des Parlaments vor, der nicht nur von den Regierungsparteien (den Christ- und Sozialdemokraten sowie der Christen-Union), sondern auch von den oppositionellen Liberalen unterstützt wird. Wie ein Sprecher der niederländischen Botschaft in Berlin weiter sagte, sei die Frauenquote in Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern geplant. Bis Ende 2015 sollen die Unternehmen aber zunächst freiwillig mehr Frauen in Spitzenpositionen berufen. Erst wenn sich auf diesem Weg der Frauenanteil nicht erhöhe, solle eine gesetzliche Quote vorgeschrieben werden.

Niederlande: Die Niederlande könnten bald das erste Land sein, das eine Frauenquote in Unternehmensvorständen gesetzlich vorschreibt.

Die Niederlande könnten bald das erste Land sein, das eine Frauenquote in Unternehmensvorständen gesetzlich vorschreibt.

(Foto: Foto: iStock)

Weltweit erstmalig

Damit wären die Niederlande das erste Land, das eine Frauenquote in Unternehmensvorständen gesetzlich verankert. "Mir ist kein anderes Land bekannt, das eine solche Quotierung von Frauen in Vorständen vorschreibt", sagt die Wissenschaftlerin Elke Holst, die sich beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) mit diesem Thema beschäftigt. Norwegen sei bisher das einzige Land, das seit 2008 eine 40-prozentige Quotierung für Frauen in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen gesetzlich verankert habe.

Auch in Deutschland will die neue Bundesregierung Frauen besser fördern. "Der Anteil von Frauen in Führungspositionen in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst soll maßgeblich erhöht werden", heißt es im Koalitionsvertrag. "Dazu wird ein Stufenplan, insbesondere zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten vorgelegt."

Anders als in den Niederlanden oder in Norwegen plant die schwarz-gelbe Koalition aber keine vom Gesetz auferlegte Pflicht, um für einen bestimmten Anteil von Frauen in Spitzenpositionen zu sorgen. Wie könnte sie auch, sieht es doch bei Union und FDP selbst ziemlich mau aus. Von den 239 Unions-Abgeordneten sind 191 Männer. Bei der FDP ist nicht einmal jeder vierte Mandatsträger weiblich.

Lippenbekenntnis im Koalitionsvertrag

In der Opposition hält man die Aussagen im Koalitionsvertrag zur Förderung von Frauen denn auch nur für ein Lippenbekenntnis. "Die schwarz-gelbe Führungsriege besteht zu zwei Dritteln aus Männern", sagt die Wirtschaftsexpertin der Grünen, Kerstin Andreae. "In den Schlüsselressorts Finanzen und Wirtschaft findet sich nicht mal mehr eine Staatssekretärin." Damit setze die neue Bundesregierung ein klares Signal, meint die Politikerin. "Egal, wie gut Frauen heute ausgebildet sind, sie werden weder an der Spitze der Regierung gebraucht noch unterstützt."

Der Initiative "Frauen in die Aufsichtsräte" (Fidar) gehen die Koalitionsbeschlüsse nicht weit genug. "Wir werden uns mit Nachdruck für eine verbindliche Quote von 25 Prozent Frauen in Aufsichtsräten einsetzen", sagt Fidar-Präsidentin Monika Schultz-Strelow. Die Initiative wurde 2005 von Frauen gegründet, die Toppositionen in Wirtschaft, Politik und Wissenschaft innehaben.

Deutschland liegt knapp über dem europäischen Durchschnitt

In den 200 größten deutschen Unternehmen (ohne Finanzsektor) sind nach einer DIW-Studie vom Frühjahr nur 2,5 Prozent der Spitzenpositionen mit Frauen besetzt. In den Aufsichtsräten betrug der Anteil neun Prozent. Der überwiegende Teil der Frauen in Aufsichtsräten sei aber nur wegen der Mitbestimmung und damit als Vertreterin der Arbeitnehmer dorthin gelangt, so DIW-Expertin Elke Holst. Deutschland liege mit einem Frauenanteil von 13 Prozent in den Top-Gremien der Wirtschaft knapp über dem europäischen Durchschnitt von elf Prozent. Den Spitzenplatz belege Norwegen (41 Prozent), gefolgt von Schweden (27 Prozent) und Finnland (20 Prozent).

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: