Fördermodell Elterngeld Plus:Wie Eltern mehr Geld vom Staat erhalten

Two year-old Kaethe laughs as she balances on obstacle course in the outdoor area of a Kindergarten in Hanau

Mit dem Kind auf den Spielplatz? Wer Elterngeld bezieht, hat dafür viel Zeit.

(Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)
  • Väter und Mütter, deren Kinder nach dem 1. Juli 2015 geboren werden, können das neue Elterngeld plus beantragen.
  • Prinzipiell ist dieses Fördermodell für alle interessant, die länger in Elternzeit gehen, aber zugleich in Teilzeit arbeiten wollen.
  • Experten raten zu einer genauen Planung: Denn ob das bisherige Basis-Elterngeld, das neue Elterngeld plus oder eine Kombination aus beidem vorteilhafter ist, kann von Fall zu Fall verschieden sein.

Von Berrit Gräber

Geburtsvorbereitung, Kinderwagen, Kita: Wer Nachwuchs erwartet, hat viel zu tun, muss ständig planen und entscheiden. Kommt das Kind nach dem 1. Juli auf die Welt, haben Eltern jetzt auch noch mehr als zuvor zu rechnen. Dann können sie das Elterngeld Plus wählen, eine neue Option zum regulären Basis-Elterngeld. Die Elternzeit wird damit flexibler und länger. Statt höchstens 14 Monate haben Mütter und Väter die Chance auf bis zu 28 Monate Unterstützung vom Staat. Mit dem Extra-Partnerschaftsbonus sind es gar bis zu 36 Monate.

So lohnt es sich mitunter finanziell, sich mehr Zeit fürs Kind zu nehmen. Attraktiv ist das Elterngeld Plus besonders bei Teilzeitarbeit. Gleich zu Beginn der Schwangerschaft sollten werdende Mütter zudem die Steuerklassen optimieren. Sonst müssen berufstätige Paare zum Teil herbe Einbußen hinnehmen.

Maximal 900 Euro im Monat

Seit dem Jahr 2007 erhalten Mütter und Väter nach der Geburt grundsätzlich eine Subvention vom Staat. Das Elterngeld soll die Einkommensverluste teilweise ausgleichen, die junge Familien oder Alleinerziehende hinnehmen müssen, wenn das Kind auf der Welt ist. Dafür erhalten sie bis zu 14 Monate lang 65 bis 67 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens der letzten zwölf Monate vor der Geburt; zwischen 300 und höchstens 1800 Euro im Monat. Für Neugeborene ab 1. Juli dürfen sie jetzt auch Elterngeld Plus beantragen und doppelt so lange Geld bekommen. Es ist maximal halb so hoch wie das Basiselterngeld und macht mindestens 150 Euro und höchstens 900 Euro monatlich aus.

Schon bisher mussten sich Eltern frühzeitig überlegen, wer wie lange zu Hause bleibt, um die optimale Unterstützung herauszuholen. Durch die Neuerung werde das noch komplizierter, sagt Markus Deutsch, Vizepräsident des Steuerberaterverbands Berlin-Brandenburg. Denn jetzt können Eltern entweder das bisherige Basis-Elterngeld wählen oder das neue Elterngeld Plus, oder eine Kombination aus beidem. Was im Einzelfall vorteilhafter ist, sollten sie genau durchrechnen, rät auch die Vereinigte Lohnsteuerhilfe.

Das neue Elterngeld sei prinzipiell für alle interessant, die möglichst lange in Elternzeit gehen, aber zugleich in Teilzeit wieder arbeiten wollen, sagt Deutsch: "Das gilt nicht nur für Arbeitnehmer, sondern auch für Selbstständige." Mehr als maximal 30 Stunden Arbeit pro Woche sind jedoch nicht erlaubt - wie beim bisherigen Elterngeld auch. Mit der neuen Regelung könnten junge Eltern "ausprobieren, ob dieses Modell auch längerfristig für sie taugt", heißt es beim Bundesfamilienministerium. Mit dem Basis-Elterngeld rechnete es sich bislang kaum, vorzeitig wieder in den Job einzusteigen.

Auch Alleinerziehende haben Anspruch auf Bonusmonate

Vorteile bringt zudem der Partnerschaftsbonus, der ebenfalls ab Juli eingeführt wird. Teilen sich Vater und Mutter die Kinderbetreuung und arbeiten parallel für vier Monate zwischen 25 und 30 Wochenstunden, können sie jeweils vier zusätzliche Elterngeld Plus-Monate einstreichen. Die Betreuungszeit für den Nachwuchs lässt sich so bestenfalls auf drei Jahre ausdehnen.

Auch Alleinerziehende haben Anspruch auf die Bonusmonate. Auch Nicht-Berufstätige haben Anspruch auf das Elterngeld Plus. Mit dem neuen Modell dürfen Mütter und Väter ab dem 15. Lebensmonat des Kindes parallel noch das Betreuungsgeld kassieren. Beim Basis-Elterngeld ist das ausgeschlossen.

Früh informieren

Paare mit Kinderwunsch sollten sich am besten schon vor einer Schwangerschaft Rat von Lohnsteuerhilfevereinen holen, um so viel Unterstützung wie möglich zu erhalten. Wie viel Elterngeld in welchen Konstellationen möglich ist, können werdende Eltern mit einem Onlinerechner des Bundesfamilienministeriums selbst berechnen: www.familien-wegweiser.de/elterngeldrechner. Auch die Elterngeldstelle, bei der die Unterstützung beantragt werden muss, kann weiterhelfen. Berrit Gräber

Ein Beispiel

Wie hoch das Elterngeld ausfällt, ist ein echtes Rechenexempel, das sich am besten anhand eines Beispiels verdeutlichen lässt: Die werdende Mutter Anna Müller verdiene 2000 Euro netto im Monat. In der Basis-Variante hätte sie einen Elterngeldanspruch von monatlich 1300 Euro (65 % von 2000) oder 15 600 Euro, wenn sie zwölf Monate zu Hause beim Kind bliebe. Will sie nach einem halben Jahr wieder in Teilzeit arbeiten, bekäme sie beim bisherigen klassischen Modell fürs erste halbe Jahr 7800 Euro (6 x 1300). Ihr Einkommen im Teilzeitjob beträgt 550 Euro, das entspricht einer Einbuße von 1450 Euro verglichen mit dem früheren Nettogehalt. Damit blieben ihr 5655 Euro fürs zweite Halbjahr (65 % von 1.450 = 942,50 x 6) und auf das Jahr gerechnet auf 13 455 Euro an Unterstützung aus.

Wenn Frau Müller nun das neue Elterngeld Plus für ihre Teilzeitphase wählt, erhielte sie während der ersten sechs Monate im Vollzeitausstieg wiederum 7800 Euro. In der zweiten Hälfte sieht die Rechnung für sie aber günstiger aus: Die monatliche Unterstützung von 1300 Euro wird dann halbiert und zwölf Monate lang gezahlt. Das würde ihr insgesamt noch ein Jahr lang 7800 Euro Elterngeld Plus (650 Euro x 12) einbringen. Für 18 Monate bekommt die junge Mutter dann insgesamt 15 600 Euro.

Rechnen allein reicht aber nicht. Um das Optimum an Elterngeld zu beziehen, muss Frau Müller schon weit vorher auch die richtige Steuerklasse wählen, also beispielsweise von der V in die III wechseln. Dabei ist die Zeit knapp, denn der Umstieg müsse mindestens sieben Monate vor dem Monat passiert sein, in dem der Mutterschutz beginnt, sagt Erich Höll vom Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine. Sonst hätten verheiratete Berufstätige, bei denen ein Partner deutlich weniger verdient, zum Teil erhebliche finanzielle Nachteile. Wird der Wechsel verpasst, rechnet die Elterngeldstelle mit dem Nettoeinkommen in der schlechteren Steuerklasse. Schlimmstenfalls könne die Einbuße für Arbeitnehmer in Elternzeit dann viele tausend Euro ausmachen, sagt Uwe Rauhöft, Geschäftsführer des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine.

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