Neuer Ausbildungspakt:Es muss ohne die Gewerkschaften gehen

Der Ausbildungspakt wird verlängert - doch die Gewerkschaften sind nicht mit dabei. Sie werfen dem Bündnis aus Politik und Wirtschaft zu wenig Engagement im Kampf um Lehrstellen vor.

Der Ausbildungspakt von Bundesregierung und Wirtschaft wird ohne die Gewerkschaften um weitere vier Jahre verlängert. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) scheiterten trotz wochenlanger Verhandlungen damit, die Gewerkschaften erstmals mit ins Boot zu holen. "Letztlich waren die inhaltlichen Differenzen nicht zu überbrücken", sagte Brüderle nach der Unterzeichnung des Pakts in Berlin.

Neuer Ausbildungspakt: Der Ausbildungspakt wird um vier Jahre verlängert - die Gewerkschaften unterzeichnen ihn jedoch nicht.

Der Ausbildungspakt wird um vier Jahre verlängert - die Gewerkschaften unterzeichnen ihn jedoch nicht.

(Foto: AP)

Arbeitgeber und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) schoben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Die Gewerkschaften sprachen von einem handfesten Skandal. "Einmal mehr lässt sich die Regierung von der Wirtschaft ihre Politik ins Blatt diktieren", sagte DGB-Vize Ingrid Sehrbrock. Die Arbeitgeber hätten mit Forderungen, den Jugendarbeitsschutz aufzuweichen, die schon abgeschlossenen Verhandlungen torpediert. Auch liefere der Pakt nur schöngerechnete Zahlen. "Bundesregierung und Arbeitgeber sehen auch im Jahr 2010 mehr als 72.000 Jugendliche schon als versorgt an, auch wenn sie in berufsvorbereitenden Maßnahmen, Praktika und Einstiegsqualifizierungen stecken."

Da sich die Situation auf dem Ausbildungsmarkt in den vergangenen Jahren "grundlegend" geändert habe, seien im Pakt neue Schwerpunkte gesetzt worden, sagte Brüderle nach der Unterzeichnung. Hauptaugenmerk liege nun auf den Herausforderungen infolge der demografischen Veränderungen.

Aufgabe der Unternehmen sei es, geeignete Bewerber zu finden. Dies sei wichtig für den Aufschwung. Dazu sollen vor allem die Chancen für die sogenannten schwer vermittelbaren Jugendlichen verbessert und zudem die Integration der Schüler mit Migrationshintergrund ausgebaut werden. Ferner sei die Zahl der unversorgten Altbewerber noch immer zu hoch, sagte Brüderle. Ziel sei es, jedem ausbildungswilligem und -fähigem Jugendlichen ein Angebot zu machen. "Keiner soll verloren gehen", sagte der Minister.

Dazu werde unter anderem die Initiative "Bildungskette bis zum Ausbildungsabschluss" gegründet werden. Mit ihr sollen die bundesweit rund 30.000 förderungsbedürftige Schüler ab der siebten Klasse bis zum Abschluss einer Lehre begleitet werden. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) waren zwischen Oktober 2009 und September 2010 rund 552.000 Bewerber gemeldet, 3.300 weniger als im Vorjahreszeitraum. Dem hätten 483.500 Ausbildungsstellen gegenübergestanden, ein Plus von rund 8.000. Insgesamt seien Ende September noch knapp 12.300 Bewerber ohne Lehrstelle gewesen - zugleich habe sich die Zahl der offenen Stellen auf 19.600 belaufen.

An der Neuauflage beteiligen sich neben dem Bundeswirtschaftsministerium auch die Arbeits- und Bildungsressorts sowie erstmals die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung. Vonseiten der Wirtschaft sind neben dem Arbeitgeberverband BDA und dem Industrieverband BDI auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, der Handwerksverband und der Bundesverband der Freien Berufe vertreten. Daneben gehören die BA sowie ebenfalls erstmals die Kultusministerkonferenz zu den Unterzeichnern des Paktes.

Der neue Pakt soll eine Laufzeit bis 2014 haben. Den Ausbildungspakt hatten die Bundesregierung und die Spitzenverbände der Wirtschaft 2004 für zunächst drei Jahre geschlossen - auch damals hatten sich die Gewerkschaften nicht beteiligt. Im Vordergrund stand die Überlegung, jedem ausbildungswilligen Jugendlichen eine Lehrstelle zu beschaffen, um so den Fachkräftemangel zu beheben.

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