Natürliches Gehirndoping:Mit grünem Tee ins Meeting

Steigert Traubenzucker wirklich unsere Gehirnleistung? Und warum ist der Kaffee im Büro so wichtig? Wissenschaftler Gunter P. Eckert verrät, wie wir durch die richtige Ernährung im Job zur Höchstform auflaufen.

Maria Holzmüller

Privatdozent Dr. Gunter P. Eckert ist Fachpharmakologe und Lebensmittelchemiker. An der Goethe-Universität Frankfurt forscht er am Pharmakologischen Institut für Naturwissenschaftler zum Thema Nutritional Neuroscience. Im Interview erklärt er, wie wir durch unsere Nahrung die Leistungsfähigkeit unseres Gehirns steigern können, was wir vor wichtigen Meetings trinken sollten und welche Rolle Nahrungsergänzungsmittel spielen.

Dr. Gunter P. Eckert

Privatdozent Dr. Gunter P. Eckert weiß, welche Nährstoffe unser Gehirn braucht, damit es Höchstleistungen erbringt.

(Foto: privat)

sueddeutsche.de: Kann man über seine Ernährung wirklich die Leistung des Gehirns steigern?

Gunter P. Eckert: Ja. Nur durch die optimale Zufuhr von Nährstoffen können wir unser Gehirn optimal nutzen. Es braucht etwa 20 Prozent der Energie, die wir über die Nahrung zu uns nehmen, obwohl es nur zwei Prozent unseres Körpergewichts ausmacht - der Energieumsatz ist also hoch.

sueddeutsche.de: Worauf sollten wir bei unserer Ernährung in Hinblick auf unser Gehirn achten?

Eckert: Das Gehirn kann normalerweise nur Kohlehydrate umsetzen, vor allem in Form von Glukose. Im Gegensatz zu unseren Muskeln oder der Leber kann das Gehirn aber keine Nährstoffe speichern, das heißt, es muss kontinuierlich mit Glukose versorgt werden. Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir auf unseren Blutzucker achten. Viele glauben ja, mit Traubenzucker kann man seine Gehirnleistung steigern. Viele Studenten stapeln bei Prüfungen Dextrose auf ihren Tischen. Aber das hilft nur kurzfristig etwas. Denn sobald der Körper mit Glukose überschüttet wird, produziert der Körper Insulin und relativiert die Wirkung wieder. Es ergibt also mehr Sinn, den Blutzucker konstant zu halten, das geht am besten mit Vollkornprodukten.

sueddeutsche.de: Wie sollte ich mich ernähren, wenn ich im Job volle Leistung bringen will?

Eckert: In der Früh ist ein kohlehydratreiches Frühstück mit Magermilch oder Joghurt - für die Eiweißbausteine - ideal. In der Kantine sollte man statt Pommes mit Gyros lieber den Seefisch mit Reis wählen. Der enthält die für das Gehirn wichtigen Omega-3-Fettsäuren - die helfen auch, die Alterung des Gehirns hinauszuzögern. Generell sollte man kohlehydrat- und ballaststoffreiche Nahrung zu sich nehmen, um die Leistung des Gehirns konstant zu halten.

Das richtige Getränk macht den Unterschied

sueddeutsche.de: Kann man auf lange Sicht auch seine Intelligenz durch die richtige Ernährung steigern?

Espresso immer beliebter

Kaffee hilft im Büro erwiesenermaßen über das nachmittägliche Leistungstief hinweg.

(Foto: dpa)

Eckert: Lediglich die Muttermilch hat Einfluss auf die Intelligenz eines Menschen. Studien haben gezeigt, dass sich Mangelernährung der Mütter negativ auf die Intelligenz der Kinder auswirken kann. Mit der eigenen Ernährung kann man das aber nicht beeinflussen.

sueddeutsche.de: Welche Rolle spielen Getränke?

Eckert: Eine entscheidende - und sie werden oft vernachlässigt. Aber die Flüssigkeit, die wir zu uns nehmen, beeinflusst unser Blutvolumen. Und unser Gehirn ist auf den Sauerstoff angewiesen, den das Blut transportiert. Je flüssiger also unser Blut fließt, desto mehr Sauerstoff bekommt das Gehirn. Um die optimale Versorgung zu gewährleisten, sollten wir zweieinhalb Liter am Tag trinken.

sueddeutsche.de: Ist es egal, was man trinkt?

Eckert: Wasser ist immer gut, grüner Tee ist hervorragend, weil er Koffein enthält, das in den Gerbstoffen gebunden ist, aber auch Kaffee hilft uns erwiesenermaßen über ein Leistungstief hinweg. Zucker fürs Gehirn ist ebenfalls gut. Also vor einem wichtigen Termin lieber eine Saftschorle als pures Wasser trinken.

sueddeutsche.de: Immer mehr Menschen greifen zu Medikamenten wie Ritalin, das normalerweise Kindern mit Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom verschrieben wird, um ihr Gehirn vor einer Prüfung zu dopen.

Eckert: Von diesen Medikamenten profitieren gesunde Menschen kaum. Zwar steigert Ritalin die Aufmerksamkeit, aber für das Lernverhalten bringt es gar nichts. Ebenfalls in Mode ist das Mittel Vigil, das ursprünglich für Schichtarbeiter entwickelt wurde und konzentrationsfördernd wirken soll. Es wirkt lediglich nach Schlafentzug. Bei gesunden Menschen mit genügend Schlaf zeigt es kaum Wirkung. Da würde ich mich eher auf eine Tasse Kaffee verlassen, deren Wirkung ist wesentlich besser belegt.

sueddeutsche.de: Was nützen Nahrungsergänzungsmittel?

Eckert: Niemand sollte glauben, dass er mit ein paar Pillen seine Gehirnleistung wesentlich steigern kann. Wenn man sich ausgewogen ernährt, zwei Fischmahlzeiten pro Woche zu sich nimmt und jede Menge Joghurt und Vollkornprodukte, dann braucht man eigentlich keine Nahrungsergänzungsmittel. Diese können aber, wie der Name sagt, die Ernährung in Situationen ergänzen, in denen wir uns nicht optimal mit Nährstoffen versorgen. Wichtig sind auch viel körperliche Bewegung, um die Durchblutung anzukurbeln, viel Sauerstoff und regelmäßiges geistiges Training, zum Beispiel in Form von Sudoku, Rätseln oder einem Puzzle.

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