Motivation von Mitarbeitern:Lob vom Chef - verzweifelt gesucht

Leichtfertig verspielen Unternehmen das Engagement ihrer Mitarbeiter. Dabei können sie einiges tun, um ihre Beschäftigten neu zu motivieren.

Nicola Holzapfel

Fast zwei Drittel der Arbeitnehmer könnten mehr leisten, wenn Sorgen und Stress sie nicht so sehr belasten würden. Das zeigt eine neue Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Beratungsunternehmens Fürstenberg-Institut. Auch die Meinungsforscher vom Gallup-Institut bescheinigen den deutschen Beschäftigten Jahr für Jahr mangelndes Engagement. Laut der jüngsten Studie sind nur 13 Prozent mit vollem Einsatz bei der Sache.

Das Versagen der Führungskräfte

Als Ursache wird angeführt, dass die Führungskräfte häufig versagen. Unter anderem, weil sie die Leistungen der Mitarbeiter nicht ausreichend anerkennen. "Fehlendes Lob ist ein sehr wichtiger Faktor für die Motivation, weil sie ihre emotionale Seite trifft", sagt der Motivationspsychologe Hugo Kehr von der Technischen Universität München. Dasselbe gilt für die Angst vor Jobverlust.

Aber reichen diese Faktoren aus, um das Motivationsdesaster in deutschen Firmen zu erklären? Hugo Kehr hat das "Drei-Komponenten-Modell" entwickelt, um anschaulich zu machen, wie Motivation funktioniert. Sie hängt sowohl von emotionalen Aspekten ab, davon, wie gerne Menschen etwas tun, als auch davon, wie sehr sie von etwas überzeugt sind. Dazu kommen Fähigkeiten und Erfahrungen. Wenn Bauch, Kopf und Hand eine Schnittmenge bilden, sind Mitarbeiter mit Einsatz und Spaß bei der Sache.

"Kopf" und "Hand" reichen nicht aus

Häufig fehlt jedoch einer der drei Faktoren. Arbeitgeber setzen bei der Führung ihrer Mitarbeiter nur auf "Kopf" und "Hand". Defizite beim Faktor "Hand" lassen sich mit Schulungen ausgleichen. Was ein Mitarbeiter noch nicht weiß, wird ihm beigebracht. Auch wenn der Arbeitnehmer noch nicht überzeugt ist, gibt es Lösungen: Notfalls bekommt er mehr Anreize wie mehr Geld.

Aber was ist, wenn der Bauch nicht mitspielt? "Dann heißt es: ,Das schaffen Sie schon' - wenn der Mitarbeiter überhaupt Bedenken äußert", sagt Kehr. Häufig sind ihm dann innere Blockaden nicht bewusst. "Viele Menschen kennen ihre Bauch-Motive nicht. Wir lernen nicht, darauf zu achten. Schon in der Schule heißt es: Mathe ist wichtig, und deshalb musst du es lernen." Die Folge: Viele stellen am Berufsanfang die Weichen falsch. Sie treffen Karriereentscheidungen, ohne in sich hineinzuhorchen: Passt das überhaupt zu mir? Menschen, die ihre Gefühle ignorieren, sind häufig in Motivationstiefs und erledigen Aufgaben ungern.

Streben nach Macht

Der Psychologe Oliver Schultheiss forscht an der Universität Erlangen unter anderem über unbewusste Motive. "Manche Menschen leben zwar in der Vorstellung, dass ihnen ein Ziel entspricht, in Wirklichkeit haben sie sich aber nur etwas zu eigen gemacht, was andere von ihnen erwarten", sagt er. Psychologen unterscheiden drei große Motive: das Streben nach Anschluss, nach Leistung und nach Macht. Wenn nun zum Beispiel ein Anschluss-Typ sich erfolgreich auf eine Führungsposition bewirbt, kann er in der Machtposition eines Chefs unzufriedener sein als zuvor - obwohl sein Ziel eigentlich erreicht ist.

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Eine tolle Show allein reicht nicht

So ein Missverhältnis kommt häufig in Krisen ans Tageslicht. Denn wer mit voller Motivation bei der Sache ist, hat auch die Kraft, in schwierigen Situationen durchzuhalten. "Wenn wir Ziele wählen, die zu unseren eigenen Grundbedürfnissen passen, fällt auch die Umsetzung leicht", sagt Schultheiss. Ist man erst einmal in einem Motivationstief, heißt es, die Situation zu analysieren: Sind äußere Faktoren schuld oder liegt das Problem tiefer? "Wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen, kann ich noch so motiviert sein, dann ist es schwierig, sein Engagement zu behalten", sagt Kehr.

Abhängig von äußeren Einflüssen

Allerdings reagiert nicht jeder gleich stark auf seine Umgebung. "Es gibt Menschen, die sich nicht so sehr abhängig von äußeren Einflüssen wie der Anerkennung durch den Chef machen", sagt Kehr. Der Wissenschaftler zum Beispiel, der voller Begeisterung in seinem Labor Experiment an Experiment hängt, interessiert sich gar nicht für schlechte Nachrichten aus der Chefetage. Was ihn antreibt, ist die Kraft einer Vision.

Unternehmen scheitern oft daran, ihren Mitarbeitern eine solche Vision zu vermitteln. Sie geben etwa ihren Vertriebsmitarbeitern vor, fünf Prozent mehr Umsatz zu machen, wenden sich also allein an den Verstand. Doch das wird niemanden motivieren. Eine Vision muss bildlich vorstellbar sein. So hatte etwa ein Vertriebsmitarbeiter in einem Motivationsseminar von Hugo Kehr die Vision entwickelt, dass ihm bei einer Rede 10.000 Mitarbeiter zujubeln. Weil ihm Macht viel bedeutete, hatte dieses Bild für ihn inspirierende Kraft.

Emotionale Energie

Wer sich Ziele setzt, braucht diese bildliche Vorstellung. Julius Kuhl von der Universität Osnabrück erklärt, warum: "Solange Ziele und Vorsätze auf einem abstrakten Niveau bleiben, haben wir keinen Zugang zu unseren Gefühlen, und dann können sie nicht mit emotionaler Energie versorgt werden." Was aber könnte nun ein Arbeitgeber tun, der feststellt, dass die Motivation der Belegschaft, etwa nach einer Kündigungswelle, im Keller ist?

Auf einmal einen Motivationstrainer zu engagieren im Glauben, der werde mit einer tollen Show alles richten, ist der falsche Weg. "Das führt ins Leere", sagt Hugo Kehr. Stattdessen müssten etwa die Gehalts- und Anreizsysteme geprüft werden, die Führungskräfte in die Schulung und die Mitarbeiter wieder lernen, an das Unternehmen zu glauben.

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