Incentives für Mitarbeiter:Arbeiten am Strand, Dienstfahrräder und bezahlte Sabbaticals

Incentives für Mitarbeiter

Dreiwöchiger Betriebsausflug nach Brasilien: Das ganze Team des Berliner Reisebüros Viventura am Strand von Arraial do Cabo.

(Foto: privat)
  • Viele Unternehmen überlegen sich kreative Incentives für ihre Mitarbeiter.
  • Mit Team-Reisen, Sabbaticals oder Dienstfahrrädern sollen die Mitarbeiter ans Unternehmen gebunden werden.

Von Miriam Hoffmeyer

Arbeiten kann man auch am Strand in Brasilien - zumindest wenn man hauptberuflich Reisen in Südamerika organisiert. So zog das Team des Berliner Reiseveranstalters Viventura im November für drei Wochen ins Fischerdorf Arraial do Cabo um. "Wir haben ganz normal 40 Stunden die Woche gearbeitet", sagt André Kiwitz, der Gründer von Viventura. "Aber man konnte in der Mittagspause ins Meer hüpfen. Und viele haben danach ein paar Tage Urlaub genommen, um noch mehr von der Umgebung kennenzulernen." Einige der rund 60 Mitarbeiter reisten mit Partnern und Kindern an, zum Programm gehörte gemeinsames Surfen, Tauchen und Capoeira.

Die Reise war die Belohnung dafür, dass das Team seine Verkaufsziele erreicht hatte. Drei Jahre vorher hatte das schon mal geklappt, damals richtete sich die Belegschaft für einen Monat ein Büro in Costa Rica ein.

André Kiwitz ist überzeugt, dass die Umzüge auf Zeit sich für das Unternehmen auszahlen, schon weil sich dabei die deutschen und die südamerikanischen Mitarbeiter treffen. "Wir können den Erfolg nicht messen, aber es liegt ein großer Mehrwert darin, dass die Mitarbeiter mal persönlich zusammenarbeiten können."

"Je jünger die Mitarbeiter, desto ausgeprägter die Eventkultur"

Die meisten Firmen setzen auf besondere Anreize, um Mitarbeiter zu gewinnen, zu binden und zu motivieren. Klassische Incentives sind Boni, Gewinnbeteiligungen oder Betriebsrenten. Auch ein Fitnessstudio auf dem Firmengelände oder ein Betriebskindergarten dienen der Motivation. Daneben blüht ein bunter Strauß aus sogenannten kreativen Incentives, vor allem Reisen und Events aller Art.

"Das spielt vor allem in jungen, stark wachsenden Unternehmen eine große Rolle", sagt Alexander Spermann, Direktor für Arbeitsmarktpolitik am Bonner Wirtschaftsforschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA). "Je jünger die Mitarbeiter, desto ausgeprägter die Eventkultur. Die 30-Jährigen haben so eine Party-Erwartung, es geht um gute Stimmung und Teamspirit."

Aber auch Annehmlichkeiten wie ein tägliches Teamfrühstück seien gefragt. "Sonst würde mancher Mitarbeiter wie im Nerd-Klischee nur vor Pappbechern und Pizza hocken." Gerade kleinere Firmen versuchten sich mit kreativen Incentives von den großen Konkurrenten abzuheben, mit denen sie in puncto Gehälter, Dienstwagen und Boni ohnehin nicht mithalten können.

Statt Kickertisch und Club-Mate gibt es unbegrenzte Urlaubstage

IT-Firmen müssen besonders einfallsreich sein, um ihr Personal zu halten. Was vor 15 Jahren en vogue war, wird heute eher als peinlich empfunden. "Kickertische, Tischtennisplatten und Club-Mate wird man in unserem Büro nicht finden", sagt Christian Henschel, Geschäftsführer des IT-Unternehmens Adjust, das Apps analysiert. Stattdessen gibt es unbegrenzte Urlaubstage und Dienstfahrräder, freitagmittags wird zusammen gekocht.

Jedes Jahr verreist das Team gemeinsam, bisher ging es an die Ostsee, in die Türkei und nach Mexiko. Die rund 70 Mitarbeiter, die auf vier Kontinente verteilt sind, lernen sich dabei persönlich kennen.

Hauptziel ist, mit dem Teamgefühl auch die Bindung ans Unternehmen zu stärken: "Ich gehe davon aus, dass viele unserer Mitarbeiter im Jahr bis zu 50 Anfragen von Headhuntern bekommen. Aber wir haben kaum Fluktuation", sagt Henschel. Die letzte Reise habe 2000 Euro pro Person gekostet, "das klingt vielleicht nach leichtfertig herausgeworfenem Geld". Doch der Geschäftsführer rechnet vor, dass die Rekrutierung von vier neuen Mitarbeitern über Headhunter genauso viel kosten würde, ohne Einarbeitung.

Das Problem: In schlechten Zeiten werden zuerst die Boni gekürzt

Ob und wie kreative Incentives tatsächlich wirken, ist zum guten Teil Glaubenssache. Die Forschung zu dem Thema sei noch spärlich, sagt Spermann vom IZA. Boni hingegen sind nachgewiesenermaßen wirksam, wenn auch nur für einen begrenzten Zeitraum, weshalb sie alle Jahre wieder ausgesetzt werden. "Auch eine Reise hält nicht ewig vor, und die Leute wollen sie dann immer wieder haben", sagt er. Das Problem: In schlechten Zeiten würden die Budgets für Events und Reisen zuerst gekürzt. "Das hat dann natürlich einen negativen Effekt auf die Motivation."

Was auch berücksichtigt werden muss: Teamreisen und gemeinsame Mahlzeiten verwischen die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben. Es ist nicht jedermanns Sache, die Kollegen auch zur Strandbar zu begleiten. Ein originelles Incentive des Unternehmers Holger Lehmann zielt in die entgegengesetzte Richtung: Er will jedem Mitarbeiter, der fünf Jahre bei ihm gearbeitet hat, ein dreimonatiges Sabbatical bei vollem Gehalt gewähren. "Denn was für einen Sinn macht eine Auszeit, wenn man kein Geld hat, um etwas Vernünftiges damit anzufangen?"

"Wenn man aus dem Büroalltag raus ist, kommen oft die besten Ideen"

Lehmann führt das Internetportal 2te-Zahnarztmeinung. Auf die Idee kam er durch eigene Erfahrungen: "Ich habe mit meiner Frau zwei Monate Auszeit in Los Angeles genommen." Seine sieben Mitarbeiter informierte er erst ein paar Wochen vor seiner Abreise. "Ich hatte aber schon vorher damit angefangen, ihnen mehr Verantwortung zu übertragen. Und siehe da, während meiner Abwesenheit lief alles wie bisher. Das war ein bisschen erschütternd, aber auch sehr schön."

Die Sabbaticals sollen regelmäßig alle fünf Jahre genommen werden können. "Man hat ja im Laufe des Lebens immer wieder neue Wünsche: eine Weltreise, Zeit für die Kinder, ein Hausbau oder einfach nur Muße. Wenn man aus dem Büroalltag raus ist, kommen oft die besten Ideen." Auch Lehmann glaubt, dass sich die Sabbaticals trotz der hohen Kosten auszahlen werden. "Es dauert sehr lange, bis neue Mitarbeiter voll eingearbeitet und wirklich produktiv sind", sagt er. "Deshalb werden die positiven Effekte überwiegen."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: