Mentorenprogramme:"Wir bereichern uns gegenseitig"

Tandem paragliding at Devil s Dyke in near Brighton in West Sussex, UK

Bei einem Tandem muss die Chemie zwischen beiden Partnern stimmen, das gilt für Freizeitaktivitäten und für Mentorenprogramme während des MBA-Studiums.

(Foto: Charles Sturge/mauritius images)

An zahlreichen Business Schools sind Mentoren aktiv, die ihre Mentees in Sachen Karriere und Persönlichkeitsentwicklung beraten. Der Austausch inspiriert Betreuer wie Studenten.

Von Anne-Ev UstorF

Susanne Möcks-Carone kann sich durchsetzen. Schon mit Anfang zwanzig war die Hamburgerin kaufmännische Geschäftsführerin einer Dienstleistungsfirma, in ihren Dreißigern lenkte sie Unternehmen mit 100 Millionen Jahresumsatz. Heute saniert die 53-Jährige mittelständische Unternehmen: Als selbständige Interim Executive Managerin führt sie angeschlagene Unternehmen wieder in die Wirtschaftlichkeit und geht von Bord, wenn der Job erledigt ist. Möcks-Carone hat also schon eine Menge gesehen und erlebt - meist als einzige Frau in einer Männerwelt. Das war nicht immer einfach, es brauchte eine Weile, bis sie die geheimen Codes oder Branchen-Spielregeln der Männerwelt verstand. "Ein paar Abzweigungen hätte ich mir früher gern erspart", erklärt sie rückblickend. "Ich hätte professionelle Begleitung also gut gebrauchen können. Aber heute kann ich diese Erfahrungen weitergeben."

Seit fünf Jahren ist Möcks-Carone Mentorin an der Hamburg School of Business Administration (HSBA). Gemeinsam mit fast 70 anderen Unternehmern aus der regionalen Wirtschaft betreut sie dort ehrenamtlich junge Master-Studierende der Studiengänge Global Management and Governance (M. Sc.), Executive MBA (EMBA) und Shipping (MBA) der HSBA. Doch nicht jeder darf Mentor werden. Nur Mitglieder der Versammlung eines ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg oder Führungskräfte mit Personal- und Budgetverantwortung, deren Unternehmen Mitglieder im Verband Deutscher Reeder (VDR) sind, können im Mentoren-Programm tätig werden. Sind die Mentoren an Bord, begleiten und unterstützen sie die HSBA-Master-Studierenden auf ihrem Weg in die Managementebenen der Wirtschaft. Für die Master-Aspiranten eine einmalige Chance: Oft profitieren sie nicht nur vom Erfahrungsschatz der Hamburger Kaufleute, sondern auch von deren Netzwerken. Alle Studiengänge sind berufsbegleitend organisiert, die Studierenden stehen also bereits mit beiden Beinen im Job.

Die Betreuer proben mit den Studenten heikle Gespräche mit Vorgesetzten oder Mitarbeitern

Schon sechs Studierende hat Möcks-Carone in den vergangenen Jahren an der HSBA betreut. Üblicherweise entspricht die Laufzeit des Mentoring der des Studiums, also zwölf bis dreißig Monate. Besteht kein akuter Gesprächsbedarf, trifft Möcks-Carone ihre Mentees im vierteljährlichen Rhythmus, ansonsten geht es - häufig - auch schneller. Oft drehen sich die Gespräche um berufliche Herausforderungen, beispielsweise um die Führungspositionen, die Studenten in ihren Berufsleben zum ersten Mal ausfüllen. Manchmal übt Möcks-Carone mit ihren Mentees heikle Gespräche mit Vorgesetzten oder Mitarbeitern, etwa in Rollenspielen.

Aber nicht nur die Karriereentwicklung steht im Fokus. Auch die Persönlichkeitsentwicklung spielt im Mentoring eine wichtige Rolle. Gerade die Vereinbarkeit von Beruf, Studium und Privatleben ist immer wieder Thema: Das arbeitsintensive Studium neben Job, Partnerschaft und Familie zu stemmen, macht vielen Teilnehmern zu schaffen. "Es gibt in diesen stressigen Phasen immer wieder Selbstzweifel, es wird um die optimale Lösung gerungen. Da hilft eine Sparringspartnerin", sagt Möcks-Carone. "Dabei haben alle meine Mentees bereits so viel geschafft. Oft arbeiten wir einfach daran, Klarheit zu finden und Prioritäten zu setzen."

Die Idee des Mentoring ist allerdings nicht neu. In vielen Unternehmen gilt Mentoring inzwischen als Standardinstrument der Personalentwicklung, auch in Bildungseinrichtungen ist es längst etabliert. In den USA etwa arbeiten berühmte Business Schools seit Jahrzehnten mit Mentoring-Programmen: Harvard, Columbia, Wharton, die Sloane School of Management und die Rutgers Business School unterhalten allesamt anspruchsvolle und effektive Mentoring-Programme, die oft in Zusammenarbeit mit Alumni durchgeführt werden.

Auch hierzulande setzen viele Business Schools auf Mentoring, um ihren Absolventen professionelle Hilfestellung zu bieten und den Weg in eine positive berufliche Zukunft zu ebnen - wie etwa die Graduate School Rhein-Neckar, die Frankfurt School of Finance & Management oder die FOM Hochschule für Berufstätige. Die HSBA zeichnet eine besonders hohe Qualität beim Mentoring aus: In einem anonymisierten Matching-Verfahren werden Mentoren und Mentees einander vorgeschlagen; nach einem persönlichen Treffen der potenziellen Tandempartner können beide dann unabhängig voneinander entscheiden, ob die Chemie stimmt. Danach werden Mentoren und Mentees in Workshops auf ihre jeweiligen Rollen vorbereitet, damit die Arbeitsbeziehung auch wirklich effektiv und tragfähig ist. "Ein super Konzept", findet Möcks-Carone.

Manchmal entwickeln sich zwischen Mentoren und ihren Protegés bleibende Kontakte

Viele gut vernetzte Mentoren der HSBA haben ihren Protegés schon wichtige Türen öffnen können. Manchmal liefern sie ihren Mentees sogar Referenzen für zukünftige Arbeitgeber. Aber auch die Betreuer profitieren von ihrem Ehrenamt. "Wir bereichern uns immer gegenseitig", sagt Managerin Möcks-Carone. "Ich finde es sehr belebend, mit Menschen aus unterschiedlichen Altersgruppen zusammen zu sein. Und ich gebe mein Wissen gern weiter." Manchmal hilft ihr das Mentoring bei der Reflexion ihres eigenen Jobs. Und oft ergeben sich bleibende Kontakte - mit vielen ehemaligen Mentees ist sie noch heute im Austausch. Manchmal erhält sie von ihnen sogar Jobangebote. "Neulich fragte mich ein früherer Mentee, der heute in Hongkong lebt, ob ich in seine Firma miteinsteigen möchte", erzählt sie lachend. "Da war ich baff

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