MeinProf.de:Auf Kriegsfuß mit dem Datenschutz

Lesezeit: 3 min

Zwei Ordnungswidrigkeiten will der Berliner Datenschutzbeauftragte auf dem Uni-Bewertungsportal MeinProf.de entdeckt haben und verhängt deshalb ein Bußgeld von 50.000 Euro. Dort hält man die Vorwürfe für lächerlich, doch im Ernstfall bedeutet dies das Aus für die Seite.

Julia Bönisch

Von Beginn an hatten die fünf Studenten fast nichts als Ärger mit ihrer Seite MeinProf.de. Zwar war ist Angebot unter Studenten extrem beliebt - bis heute gaben sie fast 300.000 Bewertungen zu über 36.000 Dozenten ab - doch mit Professoren und Datenschützern standen sie sofort auf Kriegsfuß.

MeinProf.de: Meinungsfreiheit contra informationelle Selbstbestimmung. (Foto: Screenshot: MeinProf.de)

So forderten etwa die Fachhochschule Darmstadt und die RWTH Aachen, sämtliche Namen ihres Personals aus der Datenbank zu löschen, weil sie die Aktivitäten von MeinProf.de für rufschädigend hielten. Auch einzelne Professoren versuchten immer wieder, gegen die Betreiber vorzugehen. So wie kürzlich ein Professor aus Brandenburg: Er war auf der Seite als "Psychopath" und als "das Letzte" bezeichnet worden. Doch das zuständige Gericht sah damit noch nicht die Grenze zur unzulässigen Schmähkritik überschritten.

Bußgeldbescheid über 50.000 Euro

Auch der Datenschutzbeauftragte des Landes Berlin, Alexander Dix, hat MeinProf.de seit langem den Kampf angesagt. Im Jahr 2006 forderte er vergeblich die Abschaltung der Seite, doch nun holt er zu einem neuen Schlag aus: Er will zwei Ordnungswidrigkeiten entdeckt haben, die jeweils ein Bußgeld von 25.000 Euro rechtfertigen. Der Bußgeldbescheid flatterte den fünf Machern vor einigen Tagen ins Haus.

Alexander Dix will sich persönlich nicht zu den Vorgängen äußern, da in der Sache noch nichts entschieden sei. Seinem Pressesprecher Philip Scholz ist aber zu entlocken, um welche Ordnungswidrigkeiten es sich genau handelt: Erstens gebe MeinProf. de mit den Angaben über Professoren, ihre Veranstaltungen und den Ort ihrer Tätigkeit nicht öffentlich zugängliche Daten an Dritte weiter. Zweitens komme MeinProf.de der im Datenschutzgesetz verankerten Pflicht zur Information der Betroffenen nicht nach. Jeder Dozent, der auf der Seite eine Note erhält, muss demnach von MeinProf.de darüber in Kenntnis gesetzt werden.

Zwei Jahre Verhandlungen

Für Thomas Metschke, Gründungsmitglied von MeinProf.de, entbehren die Vorwürfe nicht einer gewissen Lächerlichkeit. "Alle Hochschulen stellen mittlerweile ihre Vorlesungsverzeichnisse ins Internet. Dort kann jeder, egal ob Student oder nicht, die Daten einsehen."

Zwei Jahre haben er und seine Kollegen mittlerweile mit den Datenschützern verhandelt, um doch noch eine Einigung zu finden. In dieser Zeit habe ihnen Herr Dix die absurdesten Vorschläge unterbreitet: "Wir sollen sicherstellen, dass nur Berechtigte auf die Seiten zugreifen können." Berechtigte seien nach der Definition der Datenschützer jedoch nur Studenten, die bereits Kurse bei einem Professor besucht hätten. "Das führt zum einen das System ad absurdum. Unsere Seite ist gerade für die Studenten gemacht, die einen Professor noch nicht kennen."

Auf der nächsten Seite: Warum die Macher von MeinProf.de Schwierigkeiten haben, die Vorstellungen der Datenschützer umzusetzen.

Jeder Prof soll von seiner Note erfahren

Zum anderen sei völlig unklar, wie die Macher von MeinProf.de diese Berechtigung hätten überprüfen sollen. "Dazu hätten wir von den Studenten Unmengen an Daten abfragen und uns auch den Studentenausweis zuschicken lassen müssen. Und dann hätten wir wieder ein Problem mit dem Datenschutz gehabt."

Doch für die Datenschützer geht es nicht nur um die Namen der Professoren und die Titel ihrer Veranstaltungen, sondern um die Kommentare und die damit verbundenen Bewertungen. "Wir sehen die Noten nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt", sagt Scholz. "Unserer Meinung nach ist das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen höher einzustufen." Deshalb müsse ferner jeder Professor von seiner Benotung in dem Portal unterrichtet werden.

Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid

Auch dies ist für die Betreiber nicht zu realisieren. "Bei uns werden pro Tag zwischen 300 und 1000 Noten abgegeben", sagt Gründer Metschke. "Da können wir nicht jeden einzelnen Dozenten davon in Kenntnis setzen, dass er jetzt auch bei uns vertreten ist." Zudem sei die Seite nun gerade unter Professoren hinlänglich bekannt. Jeder Hochschullehrer wisse, dass er sich eines Tages auf dem Portal wiederfinden könne.

Metschke und seine vier Mitstreiter haben nun endgültig die Nase voll von den Forderungen der Datenschützer und wollen gegen den Bußgeldbescheid Widerspruch einlegen. Dann wird die Sache wohl an die Staatsanwaltschaft gehen und irgendwann vor dem zuständigen Amtsgericht verhandelt.

Unerreichbare Südseeinseln

Auf diese Verhandlung warten auch die nordrhein-westfälischen Datenschützer sehnsüchtig, denn sie sind für das Lehrer-Bewertungsportal Spickmich.de zuständig, das ähnlich wie MeinProf.de funktioniert. Derzeit klagt sich eine Gymnasiallehrerin durch alle Instanzen, damit die Seite verboten wird - bislang vergeblich. Die Richter werteten die Noten als zulässige Meinungsäußerung. Das Verfahren wird vermutlich vor dem Bundesverfassungsgericht enden. Nur aufgrund dieser Zivilprozesse habe man sich bislang nicht zu ähnlichen Schritten wie die Kollegen in Berlin entschieden, so eine Sprecherin aus Nordrhein-Westfalen.

Sollten die Berliner Recht bekommen und auf die Zahlung der 50.000 Euro bestehen, würde dies das Ende für MeinProf.de bedeuten. Dann, so die Prognose von Thomas Metschke, greife ganz schnell jemand anderes die Geschäftsidee auf und verlege den Sitz einfach auf unerreichbare Südseeinseln, wo man von deutschen Ideen des Datenschutzes noch nie gehört habe. "Dann hat Herr Dix erst Recht keine Handhabe. Aber das kann er doch nicht wollen."

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: