MBA Marke Eigenbau:Selbst bestimmen

MBA Marke Eigenbau: Keine Zeit für den Workshop in Singapur? Kein Problem, denn er wird ja in einem anderen Monat in London angeboten.

Keine Zeit für den Workshop in Singapur? Kein Problem, denn er wird ja in einem anderen Monat in London angeboten.

(Foto: Pierre Pavot/Mauritius Images/Imagebroker )

Als der MBA Ende des 20. Jahrhunderts in Deutschland Fuß fasste, mussten sich Teilnehmer strikt an Stundenpläne richten. Das ist heute anders.

Von  Christine Demmer

Wer vor 25 Jahren parallel zum Job seinen MBA gebaut hat, dürfte mit Neid auf die heutigen Studenten blicken. Damals boten nur ausländische Business Schools das anspruchsvolle berufsbegleitende Studium in Deutschland an. Alle zwei Wochen, meist schon am Donnerstagabend, fuhren die Teilnehmer nach Frankfurt, München oder Hamburg. Damals mussten noch viele Dozenten einfliegen, ein nahe gelegenes Terminal war daher Pflicht. Von Freitag bis Sonntag regierte ein eng getakteter Stundenplan. Eineinhalb Jahre lang mussten die Studierenden durchhalten und trotz Berge von Arbeit auf dem Büroschreibtisch pünktlich zum Unterricht antreten. Wer an einem Wochenende fehlte, hatte zum nächsten Block ein ärztliches Attest mitzubringen. Von wegen gute, alte Zeit.

Nur selten treffen sich Studenten persönlich. Meist diskutieren sie im virtuellen Klassenzimmer

Damals waren es allerdings auch nicht viele, die sich um der Karriere willen dieser Ochsentour unterzogen. Heute haben sich Hunderte hoch motivierter Jungmanager in Teilzeit-MBA-Programme eingeschrieben, und anders als einst konkurrieren Dutzende von Fern- und Fachhochschulen und Business Schools um die nächsten Jahrgänge. Ein deutliches Plus gegenüber früher sind das Internet und flinke Datenleitungen, ein klares Minus die gestiegene Arbeitsbelastung der Teilnehmer. Auf beides haben die Schulen reagiert. Die meisten erweisen sich inzwischen sogar als ausgesprochen flexibel. Das gilt sowohl für die Lerninhalte - mehr Studienvarianten, mehr Wahlfreiheit - als auch für die Lernzeiten und -orte. Nicht jeder nimmt im selben Tempo Wissen auf wie der Kollege. Und nicht jeder mag dem Chef erklären, er könne übermorgen nicht nach London fliegen, weil in seinem Kalender ein Studienblock in Berlin eingetragen ist. Stattdessen heißt es oft: "Okay. Ich schau' mal, ob ich das Modul in London machen kann."

Felix Müller, Managing Director der Henley Business School in München, hält die Orientierung an den Bedürfnissen der Kunden für ein Gebot des Marktes. "Man muss die Vermittlung des Lernstoffs den Lernstil-Varianten der Studenten anpassen", erklärt er. In der Praxis sieht das an dieser Schule so aus: Der MBA, Gesamtdauer 30 Monate, fordert von den Weiterbildungswilligen gerade mal 33 Tage Anwesenheit im Klassenraum. Der Rest ist Heimarbeit und Diskussion im virtuellen Klassenzimmer. Alle sechs bis sieben Wochen treffen sich die Teilnehmer für zwei bis drei Tage zu thematisch abgezirkelten Unterrichtseinheiten, sogenannten Lernmodulen. Hier wird doziert, Wissen aufgenommen, verstanden, geübt und debattiert.

60 Prozent der Lernmodule werden in Deutschland angeboten, die anderen - der MBA ist ein international angelegtes Studium mit Unterrichtssprache Englisch - in Großbritannien und Finnland. "Wer zu einem Workshop nicht kommen kann, nimmt eben an einem anderen teil", erläutert Müller. "Man schaut im weltweiten Programm nach, wo das Modul wann angeboten wird, und meldet den Termin um." So einfach ist das. Wer beruflich viel auf Achse ist und Bewegungsfreiheit hat, kann seine Geschäftsreisen entsprechend den Vorlesungen legen, spart sich die Reisekosten oder teilt sie mit der Firma. Nutznießer solcher kombinierter Arbeits- und Studienreisen sind oft Teilnehmer von Executive-MBA-Programmen. Diese Teilzeitvariante setzt in der Regel eine mehrjährige Berufstätigkeit und einige Jahre nachgewiesener Führungstätigkeit voraus. Sie wendet sich folglich an ältere und arrivierte Manager, die ihre Einsätze frei planen können. Diese Möglichkeit haben Studierende in Parttime-MBA-Programmen selten. Der Parttime-MBA ist vom Inhalt und von den Studienvoraussetzungen her ein Vollzeit-Programm, bei dem man online oder persönlich im Hörsaal abends, am Wochenende oder in Studienblöcken unterrichtet wird. Hierfür ist nur eine kurze Berufstätigkeit nach dem Bachelor vorgeschrieben.

Thomas Graf, Betreiber der Internet-Plattform Mba-compass.com aus München, hat mit Mitte dreißig ein EMBA-Stuium absolviert. Seine Argumente damals: "Ich wollte meinen Beruf nicht aufgeben, hatte die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt und rechnete damit, dort auf ältere und erfahrene Teilnehmer zu stoßen, von denen ich etwas lernen konnte." Ohne Führungserfahrung und Kündigungsabsicht ist der Parttime-MBA die passende Form. Ein erfolgreicher Abschluss setzt voraus, dass man Job, Familie und Studium unter einen Hut bringt. "Teilzeit-Studierende brauchen daher eine Programmstruktur, die es ihnen erlaubt, außerhalb der Arbeitszeit und so selbstbestimmt wie möglich zu studieren", erklärt Graf.

Bei einigen Angeboten kann man die Module des Curriculums beliebig kombinieren

Den Kundenwünschen und den sehr schnellen Fortschritten beim Online-Lernen entsprechend, betonen fast alle Anbieter die Flexibilität ihrer Studiengestaltung. Drei Beispiele von akkreditierten Studiengängen sollen das illustrieren. Die IUBH School of Business and Management bietet ihr MBA-Fernstudium in den drei Zeitmodellen 12, 18 oder 24 Monate an, persönliches Erscheinen im Hörsaal ist nur an zehn Tagen Pflicht.

Am International Graduate Center (IGC) der Hochschule Bremen können die Studenten komplett ohne zeitlich begrenzte Studiendauer einzelne Lernbausteine aus dem Curriculum heraussuchen und sich das Studium komplett nach ihren Wünschen und Zeitfenstern zusammenstellen. Und auch die Struktur des MBA International Business & Leadership an der Hochschule Kempten ist weitgehend offen gestaltet. Beginn ist wahlweise im März oder im September, und jedes versäumte Modul lässt sich dann nachholen, wenn es gerade in den Zeitplan passt.

Allerdings hält Thomas Graf den zurückgehenden Anteil des Präsenzstudiums für bedenklich - und steht mit dieser Auffassung nicht allein da. "Manche wollen, so scheint's, nur den Titel haben und das in möglichst kurzer Zeit", kritisiert er sowohl die Kunden als auch die ihnen weit entgegenkommenden Schulen. "Ich halte diesen Ansatz aber für fragwürdig, denn am Ende des Tages sollte es um das Lernen und Aufbauen neuer Kompetenzen gehen. Wer wirklich etwas lernen möchte und auch vom Netzwerk einer Business School profitieren will, der sollte strengere Auswahlkriterien heranziehen." Genauso wie in der guten, alten Zeit.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: