Luxus-Studium für Juristen:Einmal Sonderstatus, bitte!

In der Vorlesung an der Uni sind noch alle gleich. In Trier ändert sich das demnächst. Normale Studenten lernen in der Bibliothek - die zahlungskräftige Elite in der Akademie nebenan.

Maria Holzmüller

Raus aus der Uni, rein in den Job? Nicht immer gelingt Studenten dieser Übergang reibungslos. Wer die Uni verlässt, kann mit dem angesammelten Wissen in der Praxis oft weniger anfangen, als erhofft. Trotz Bologna-Reform und Exzellenz-Initiative sei das deutsche Studiensystem noch immer zu theoretisch und verkrustet, der internationalen Konkurrenz unterlegen, schimpfen Kritiker.

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Anders als der Rest: Jura-Studenten sollen an der Petrisberg Law & Leadership Academy in Trier besser auf den Berufsalltag vorbereitet werden als ihre Kommilitonen.

(Foto: ddp)

Thomas Schmidt, Professor an der Fachhochschule Trier und Rechtsanwalt, stört sich besonders am Studienfach Jura: "Die Ausbildungsrealitäten an den Universitäten sind frustrierend: Ein Drittel der Studenten fällt durch, viele brechen vorzeitig ab und nur eine kleine Spitze von zehn bis 15 Prozent kommt mit Prädikatsexamen durch." Das liege nicht daran, dass Jura so schwer oder die Studenten so dumm seien, sagt er. "Viele Studenten könnten viel mehr leisten, wenn man sich anders kümmern würde."

Und weil die Universität die Mängel in ihrer Ausbildung seiner Ansicht nach nicht behebt, wurde er selbst aktiv. In Trier gründete Schmidt zusammen mit anderen Juristen die Petrisberg Law & Leadership Academy, eine "private Einrichtung, die mit einem Konzept des 'Lebens und Lernens unter einem Dach' einen ergänzenden Beitrag im Rahmen der Juristenausbildung dort erbringen will, wo die staatliche Hochschule an ihre systemimmanenten Leistungsgrenzen stößt", wie es auf der Webseite heißt. Unterstützt wird die Academy von der Trierer Stiftung Law & Leadership, und dem eigenen Beirat, der sich aus namhaften Anwälten, Notaren, Wirtschaftsprüfern, Wissenschaftlern und Vertreter der Wirtschaft zusammensetzt. Die ersten Studenten nehmen hier im Wintersemester 2011/12 ihr Studium auf, die Bewerbungsphase läuft, Bewerberzahlen liege noch nicht vor.

Wie im "Club der toten Dichter"

Spricht Schmidt von der neuen Einrichtung, deren Präsident er ist, gerät er geradezu ins Schwärmen: "Wir schaffen etwas ganz Neues. Wir wollen ein gemeinschaftliches Projekt, an dem wir alle tagtäglich gemeinsam arbeiten. Das muss gelebte Gemeinsamkeit sein, ein bisschen so wie in dem Film Der Club der toten Dichter. Da sieht man, wie man Menschen motivieren kann, indem man an sie glaubt."

Die Studenten sollen zusammen leben, zusammen lernen und zusammen ihre Freizeit verbringen - und dafür auch etwas zahlen. 12.500 Euro kostet ein Semester an der illustren Akademie. Studenten können sich aber um ein Stipendium der Stiftung Law & Leadership bewerben. Begonnen wird mit dem ersten Semester, nach dem ersten Staatsexamen ist dann Schluss mit der exklusiven Betreuung. Bis dahin sollen die Elite-Studenten in ihrem Parallelstudium die Qualifikationen erworben haben, die ihnen im regulären Jura-Studium an der Uni Trier verwehrt bleiben: Managerqualitäten wie Menschenführung oder juristische Ethik sollen im Mittelpunkt stehen.

Der Unterschied zu exklusiven Privat-Universitäten: Die PLLA soll die Ausbildung an der Universität Trier lediglich ergänzen. Die Studenten sind also regulär an der staatlichen Universität für den Studiengang Rechtswissenschaften eingeschrieben - nach der Vorlesung gehen sie dann aber zurück in die Law & Leadership Academy, um das Gelernte zu verinnerliche und noch ein bisschen mehr Kenntnisse für den späteren Berufsalltag zu erwerben.

Denn genau darin liegt die Schwäche des staatlichen Studiums, wie Schmidt sagt: "Absolventen dieser Ausbildung sind kurz nach dem Studium in Anwaltskanzleien kaum einsetzbar - und bisher hat an den Universitäten kein Umdenken eingesetzt. Deshalb wollten wir eine andere Methode konzipieren. In der Jura-Ausbildung ist ein anderer Ansatz nötig."

Das Konzept der PLLA basiere deshalb auf dem sogenannten problembasierten Lernen. Außerhalb von Jura, beispielsweise in Medizin, sei das bereits etabliert. "Hier muss der Student selbst aktiv werden. Er kommt nicht in die Vorlesung, in der Hoffnung, dort mit Wissen vollgestopft zu werden, sondern er muss bereits vorher Texte lesen und sich vorbereiten. In diesem Ansatz liegt der Schlüssel zum Verständnis", so Schmidt.

Der Dekan des Fachbereichs Rechtswissenschaften an der Universität Trier, Jura-Professor Jan von Hein, äußert sich bislang zurückhaltend zur neuen Elite-Akademie. Die Universität sehe die Entwicklung ganz gelassen, die PLLA sei einfach ein weiteres kostenpflichtiges Ergänzungsangebot zum Jura-Studium, "ähnlich wie die kommerziellen Repetitorien". Es bleibe den Studierenden überlassen, ob sie das Angebot annähmen.

Die Kritik am universitären Lehrangebot weist Hein jedoch zurück: "Unsere Ausbildung ist bereits jetzt stark praxisorientiert und dezidiert international konzipiert" sagt er und greift damit zwei Aspekte auf, die Schmidt als Vorteile der PLLA deklariert.

Konkurrenz zur Universität?

Deutlich machen will Jura-Professor Jan von Hein jedoch, dass die Universität weder konzeptionell noch inhaltlich etwas mit der neuen Elite-Ausbildung an der PLLA zu tun hat. "Es handelt sich dabei um ein separates Angebot, das nicht mit dem Fachbereich abgestimmt ist." Eine Verbindung zwischen Universität udn PLLA gibt es nicht.

Dass die PLLA in ihren Werbeprospekten wiederholt auf die Universität Trier verweist, sieht der Dekan daher gespalten. Einerseits fühle sich die Fakultät geschmeichelt, andererseits "sehe ich die Gefahr: Wenn es schiefläuft, dann fällt das auf uns zurück."

Derzeit betrachten sich die staatliche Universität und die private Akademie respektvoll aber skeptisch. Noch während PLLA-Präsident Schmidt die Defizite der universitären Ausbildung hervorhebt, beschwichtigt er sogleich: "Wir wollen niemanden kritisieren, wollen auch nicht in Konkurrenz zu Universitäten treten. Das können wir gar nicht, wir haben ja eine andere Funktion und keine Forschung. Insofern gibt es da auch keine Konflikte. Mit der Uni-Leitung Trier hatten wir ein gutes Gespräch - wir tragen ja auch zu mehr Attraktivität des Hochschulstandorts Trier bei."

Wie erfolgreich die PLLA am Ende werden wird, hängt vor allem von der Zahl der Studenten ab, die sich für das kostspielige Programm interessieren. Zielgruppe sind laut Schmidt alle Studierenden der Rechtswissenschaft der Uni Trier. Erkaufen lässt sich ein Studienplatz jedoch nicht. Es gibt zwar keinen Numerus clausus für Bewerber, um ein individuelles Auswahlgespräch kommen sie jedoch nicht umhin. "Voraussetzung ist die Bereitschaft, intensiv zu arbeiten und über den Tellerrand der richterzentrierten Ausbildung zu blicken", sagt Schmidt. Und das nötige finanzielle Polster.

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