Lohnunterschiede zwischen Lehrern:Grundschullehrer fordern Gymnasialgehälter

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Ist die Arbeit von Grundschullehrern weniger wertvoll als die von Studienräten am Gymnasium? Bezahlt wird sie auf jeden Fall deutlich schlechter. Gegen dieses "soziale Ranking im Lehrerberuf" wehren sich Grundschulpädagogen jetzt. Ein juristisches Gutachten gibt ihnen recht.

Tanjev Schultz

Pädagogen sind in Deutschland eine Gruppe ohne gemeinsames Berufsverständnis. Damit sind jetzt nicht die verschiedenen Fraktionen gemeint, die es in vielen Lehrerzimmern gibt: die Strengen und die Sanften, die Natur- und die Geisteswissenschaftler. Lehrer orientieren sich stark an den Schularten. Das hat mit unterschiedlichen Ausbildungen und Selbstverständnissen zu tun - und mit Geld.

Grundschullehrer wollen endlich genauso viel verdienen wie Gymnasiallehrer. (Foto: AP)

Grundschullehrerinnen verdienen weniger als Studienräte an Gymnasien. Und so bleiben die verschiedenen Gruppen auch gewerkschaftlich gern unter sich. Im Verband Bildung und Erziehung (VBE) beispielsweise sind viele Grundschulpädagogen organisiert. Sie attackieren jetzt ungewöhnlich scharf die Besoldungsregeln. Der VBE kündigte eine Initiative gegen das "soziale Ranking im Lehrerberuf"an.

VBE-Chef Udo Beckmann langt rhetorisch ordentlich zu und spricht von "überkommenem Kastendenken". Man dürfe den Wert der pädagogischen Arbeit nicht wie zu Kaisers Zeiten an der Schuhgröße der Schüler orientieren. Wahrscheinlich werden ihm die Oberstudienräte der Gymnasien antworten, dass Kastensystem und Kaiserreich dann doch zwei verschiedene Paar Schuhe sind, womit mal wieder die fachliche Überlegenheit des Gymnasiallehrers bewiesen wäre.

Doch dem VBE ist es Ernst. Und auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat in den vergangenen Jahren immer wieder Vorstöße unternommen, die Arbeit von Grund-, Haupt- und Realschulpädagogen aufzuwerten. Aufwerten, das bedeutet für Gewerkschaften in der Regel: höhere Gehälter.

Der VBE holte sich jetzt wissenschaftlichen Beistand. Der Bielefelder Jura-Professor Christoph Gusy präsentierte ein Gutachten mit dem Ergebnis: Vom Grundgesetz her gedacht, sei eine unterschiedliche Besoldung der Lehrer "begründungsbedürftig", eine Gleichbehandlung dagegen nicht.

Durch die neue Bachelor- und Master-Struktur würden sich die Studiengänge der verschiedenen Pädagogen angleichen, sowohl in der Dauer als auch in der Organisation. Damit entfalle ein Grund für die unterschiedliche Bezahlung. Auch das Argument, an Gymnasien käme es stärker auf wissenschaftliche Fähigkeiten auf einem höheren Niveau an, ziehe nicht mehr. Denn immer stärker seien alle Lehrer pädagogisch gefragt; soziale Kompetenzen würden wichtiger.

VBE-Chef Beckmann sieht die Zeit gekommen für mehr "Gerechtigkeit". Die Arbeit der Lehrer in den verschiedenen Schulstufen sei zwar nicht gleichartig, aber doch gleichwertig. Abgesehen von den Finanzministern widersprechen dieser Ansicht in schöner Regelmäßigkeit die Gymnasiallehrer. Wobei diese ebenfalls die Finanzminister fürchten. Nicht ganz unberechtigt ist ihre Sorge, dass eine finanzielle Gleichbehandlung der Lehrer von der Politik genutzt werden könnte für das günstige Modell: Weniger Geld für alle.

© SZ vom 11.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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