Livestreams am Bürorechner:Olympia kann Angestellte den Job kosten

So viele Stunden Sport wie noch nie zu Olympischen Spielen werden in den kommenden zwei Wochen im Netz zu sehen sein. Doch Angestellte sollten sich gut überlegen, ob sie die Wettkämpfe im Büro verfolgen - denn damit können sie die Kündigung riskieren.

Noch nie zuvor sind bei Olympischen Spielen so viele Wettkämpfe im Internet übertragen worden, wie es in diesem Jahr geplant ist. Doch kaum ein Angestellter will die Wettbewerbe in London am Arbeitsplatz per Livestream verfolgen - auch wenn sie zeitlich günstig liegen. Das hat eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Hightech-Verbandes Bitkom ergeben.

Hauptgrund für die mehr als 95 Prozent der Arbeitnehmer, die das Sportereignis ignorieren wollen, ist das Verbot des Arbeitgebers (57 Prozent). Jeder Fünfte (20 Prozent) hat im Job keinen mit dem Internet verbunden Computer zur Verfügung, 28 Prozent der Befragten interessieren sich nicht für Olympia.

Der Verband der deutschen Arbeitsrechtsanwälte (VdAA) warnt Arbeitnehmer indes vor dem sorglosen Umgang mit Olympia-Übertragungen im Internet. "Wer ohne Erlaubnis Olympia sieht, riskiert einen Verweis und gegebenenfalls eine Abmahnung", sagt VdAA-Vorstand Fenimore von Bredow. Im Wiederholungsfall drohe gar die Kündigung. Das gelte auch für sogenannte Radio-Streams.

Allein wenn Arbeitgeber bisher stillschweigend toleriert hätten, dass ihre Angestellten während der Arbeit laufend Streams verfolgten und keine ausdrücklichen Regelungen oder Absprachen existierten, könnten Arbeitnehmer davon ausgehen, dass das auch für die Olympischen Spiele gelte, erklärte von Bredow.

Erlaube der Arbeitgeber, dass seine Angestellten hin und wieder ihre privaten Mails lesen, heiße dass aber nicht automatisch, dass sie Streams verfolgen dürfen, sagte der Kölner Anwalt. Denn die Übertragung der Wettkämpfe könne im Zweifel permanent die Aufmerksamkeit der Angestellten fordern. "Ist das Abrufen von privaten Mails erlaubt, wird der schnelle Blick auf Sport-Ticker aber in der Regel kein Problem sein", fügte er hinzu.

Mit dem Chef einigen

Von Bredow empfiehlt Arbeitnehmern, sich frühzeitig mit ihrem Arbeitgeber zu einigen: "Am sinnvollsten ist es, im Vorfeld verbindlich abzuklären, was erlaubt ist und was nicht." Einen Anspruch auf einen kurzfristigen Urlaub wegen des herausragenden Sportereignisses gebe es nicht. "Da hat der Arbeitgeber jedes Recht, Nein zu sagen, sofern dringende betriebliche Gründe dem entgegenstehen", sagte von Bredow. Er warnt Arbeitnehmer zudem ausdrücklich davor, mit Krankschreibungen zu drohen: Wer seinem Chef so das Messer auf die Brust setze, riskiere eine fristlose Kündigung.

Ein Gesetz, das die private Internetnutzung am Arbeitsplatz regelt, gibt es allerdings in Deutschland nicht. Allein der Arbeitgeber entscheidet darüber. "Arbeitnehmer sollten sich zuerst nach der Regelung in ihrem Unternehmen erkundigen, bevor sie einen Livestream starten", sagt Arne Gattermann, Arbeitsrechtsexperte des Bitkom.

Die Arbeitgeber fordert Bitkom-Experte Gattermann auf, klare Regeln für die private Internetnutzung am Arbeitsplatz aufzustellen - etwa im Arbeitsvertrag, als Richtlinie oder Vereinbarung mit dem Betriebsrat. "Berufs- und Privatleben verschmelzen zunehmend miteinander. 88 Prozent der Arbeitnehmer sind auch außerhalb der regulären Arbeitszeiten per E-Mail oder Handy erreichbar." Dies sollte auch umgekehrt bei der Frage der privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz gewürdigt werden.

Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF nutzen das Internet für die Berichterstattung zu den Spielen in London so stark wie noch nie: In sechs parallelen Video-Livestreams werden täglich bis zu 60 Stunden Sport im Internet zu sehen sein, rechnet man die internationalen Sender hinzu, über die gestreamt wird, könnten Sportinteressierte noch viel mehr Zeit mit den olympischen Sportarten verbringen.

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