Lehrer-Mobbing:Rache im Netz

Rufschädigende Äußerungen, simulierte Hinrichtungen: Lehrer würden zunehmend Opfer von Mobbing im Internet, warnt der Philologenverband.

Simulierte Hinrichtungen, Pornomontagen, Drohungen: Das Mobbing von Lehrern im Internet nimmt nach Angaben von Pädagogen "beängstigende Ausmaße" an. "Inzwischen gibt es in Deutschland wohl keine weiterführende Schule mehr, die nicht schon negative Bekanntschaft mit dieser neuen Tendenz, Lehrer anonym im Internet zu mobben, gemacht hat", sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Philologenverbands, Heinz-Peter Meidinger, am Montag in Berlin. Immer häufiger suchten Pädagogen, die von ihren Schülern diffamiert wurden, Rechtsschutz des Verbandes. Die bekanntgewordenen Beispiele seien nur die Spitze des Eisbergs.

So hätten vor kurzem in Niedersachsen Sechstklässler einen Flirt-Chat genutzt, um mit anzüglichen Bemerkungen und rufschädigenden Äußerungen fünf Lehrerinnen und Lehrer in ein schlechtes Licht zu rücken. Auch das Hineinkopieren von Lehrergesichtern in Pornofotos und deren Vervielfältigung seien in Deutschland kein Einzelfall mehr. Häufig tauchten im Internet auch Videos simulierter Hinrichtungen auf, in die die Köpfe hineinmontiert würden.

"Lehrer müssen und mussten immer schon mit Kritik leben", sagte Meidinger. Pädagogen, die mit Jugendlichen arbeiten, dürften nicht zu empfindlich sein. Was sich aber derzeit im Internet abspiele, habe mit Schülerscherzen oder Spaß nichts mehr zu tun.

Meidinger klagte, die Lehrer würden von der Politik allein gelassen. Anders sei dies in Großbritannien, wo derzeit eine breit angelegte Kampagne gegen Lehrer-Mobbing im Internet laufe. Der Verband forderte, auf Betreiber entsprechender Internetportale und Chatforen Druck auszuüben, damit diffamierende Inhalte gesperrt würden.

Kritik übte Meidinger auch an der Internetseite spickmich.de, wo Schüler Lehrer der eigenen Schule benoten können. Auf der Seite werden die Nutzer indes zur Fairness aufgerufen, Schimpfwörter und Beleidigungen seien nicht erlaubt. "Denkt bei der Benotung an das, was ihr selbst von euren Lehrern erwartet. Seid realistisch und denkt auch an den Ruf und Namen eurer Schule", heißt es. Die Zitate-Ecke sei nur für Sprüche gedacht, die so wirklich auch gesagt wurden. "Denkt daran, dass es auch im Internet keine Anonymität und Rechtsfreiheit gibt - auch die Lehrer können mittlerweile surfen." Im Blog (Internet-Tagebuch) heißt es im Mai: "Lehrer machen ihren Job gar nicht so schlecht!" Eine Auswertung aller Noten habe ergeben, dass die Lehrerinnen und Lehrer im Schnitt eine 2,9 bekommen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: