Lebenskunst ist ...:... keine Probleme mit ins Bett zu nehmen

Eine Delle im Auto oder ein rücksichtsloser Chef: Jeder wird täglich mit Problemen konfrontiert. Doch der Abend ist völlig ungeeignet, sich damit zu beschäftigen.

Stefan F. Gross

Bitte interpretieren Sie unsere heutige Empfehlung "keine Probleme mit ins Bett nehmen" nicht falsch! Ich meine es natürlich rein platonisch: Verzichten Sie darauf, zu später Stunde und im Bett negative Gedanken und Themen zu wälzen!

Schlafen, ddp

Unruhiger Schlaf: Bei Nacht sieht man die Dinge quasi wie durch ein dunkel gefärbtes Vergrößerungsglas.

(Foto: Foto: ddp)

Warum ist diese Empfehlung so wichtig? Jeder von uns wird täglich mit irgendwelchen Ärgernissen oder Schwierigkeiten konfrontiert. Ein Kollege nimmt keine Rücksicht. Der Chef fordert Einsatz. Im Portmonee sind Lücken. Das Auto hat eine Delle. Und das ist nicht alles. Bei vielen Menschen kommt phasenweise auch noch ein tiefer gehendes Problemthema hinzu, das ihnen auf der Seele liegt und die Stimmung verdirbt. Alles das ist ein Teil der Normalität.

Wenn es nun aber einen Zeitpunkt des Tages gibt, der völlig ungeeignet ist, sich intensiv mit den kumulierten Unannehmlichkeiten des Lebens zu beschäftigen, dann ist es der Abend.

Im eigenen Saft schmoren

Erstens ist die eigene Energie und damit die eigene Problemlösungsfähigkeit am späten Abend üblicherweise weit geringer als beispielsweise am Vormittag. Man kann die Probleme abends also vielleicht noch alle auflisten. Gute Ideen für ihre Bewältigung aber bekommt man kaum noch.

Zweitens hat man zu später Stunde keine Möglichkeit mehr, vom Gedanken zur Tat zu schreiten. Selbst wenn man also eine gute Lösung für ein Problem findet, so muss man doch die ganze Nacht über warten und im eigenen Saft schmoren, bis man am nächsten Tag endlich aktiv werden kann.

Zusätzlicher Druck

Und drittens wirken Probleme abends erfahrungsgemäß weit dramatischer als bei Tage. Man sieht die Dinge quasi wie durch ein dunkel gefärbtes Vergrößerungsglas. Was einem tagsüber als kleine Schwierigkeit erscheint, wächst sich in den eigenen nächtlichen Negativphantasien zur existentiellen Bedrohung aus.

Mit anderen Worten: Negativthemen liegen Ihnen am Abend schwerer im Magen als eine doppelte Portion Schweinsbraten mit Knödel und Kraut. Sich mit ihnen zu dieser Zeit zu beschäftigen ist nicht nur sinnlos, sondern geradezu zerstörerisch. Es bringt Ihnen keine Erleichterung und keine Verbesserung der Lage, sondern nur noch zusätzlichen Druck.

Auf der nächsten Seite: Wie Sie lernen, Abends abzuschalten.

... keine Probleme mit ins Bett zu nehmen

Erholung und Energie

Machen Sie sich also klar, dass es für jedes Thema und für jede Aufgabe eine spezielle Tageszeit gibt. Der Abend gehört der Entspannung und dem Kräftesammeln.

Lenken Sie Ihre Gedanken und Gespräche deshalb zu später Stunde ganz bewusst auf Themen, die sich emotional verkraften lassen und die Ihnen (und Ihrem Partner) einen heiteren, optimistischen Abschluss des Tages ermöglichen. Wenn Sie nicht am Abend zur Ruhe finden, wann dann? Mit der Erholung und Energie, die Sie dadurch gewinnen, können Sie am folgenden Tag umso entschlossener handeln und das in Angriff nehmen, was Sie ändern möchten!

Bitte schreiben Sie uns heute: Wie machen Sie, sich am Abend zu entspannen und auf positive Gedanken zu bringen?

Stefan F. Gross ist Managementdozent, Autor und Kolumnist. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Thema der Verbindung von beruflichem Erfolg mit persönlicher Lebenskunst. Seine Kolumne "Lebenskunst" erscheint jeden Dienstag auf sueddeutsche.de.

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