Kontakte und Karriere:"Networking ist eine Überlebenstechnik"

Netzwerker sind als Karrieristen verschrien. Der Autor und Diplom-Kaufmann Andreas Lutz wehrt sich gegen das Klischee und erklärt, wie geschickte Kontaktpflege funktioniert.

Isa Hoffinger

Früher ging man auf den Golfplatz, zum Lions Club oder in den Alte-Herren-Verein der Studentenverbindung. Heute gibt es viele neue Möglichkeiten, um Kontakte zu knüpfen und zu pflegen, sagt der promovierte Diplom-Kaufmann Andreas Lutz. Er hat ein Netzwerk für Selbständige auf der Internetplattform Xing gegründet. Eine neue Auflage seines "Praxisbuch Networking" erscheint im Mai im Linde-Verlag.

Netzwerk, iStock

Netzwerken: Beziehungen helfen nicht nur dabei, von freien Jobs zu erfahren. Ein Netzwerk bietet Sicherheit.

(Foto: Foto: iStock)

SZ: Wer sich als besonders guter "Networker" darstellt, gilt leicht als Karrierist. Was bedeutet Networking?

Lutz: Der Begriff Netzwerk ist eine Bezeichnung für alle Menschen, die uns unterstützen und auf die wir uns verlassen können. Networking bedeutet nicht unbedingt, durch "Vitamin B" Konkurrenten auszustechen, sondern sich mit Menschen auszutauschen und Spaß zu haben, die man mag. Privat netzwerken viele Leute. Mal angenommen, Sie suchen einen guten Arzt. Würden Sie dann zuerst das Branchenbuch aufschlagen oder im Bekanntenkreis fragen, wer Ihnen einen Arzt empfehlen kann?

SZ: Wie wichtig ist Networking?

Lutz: Networking ist zu einer Überlebenstechnik geworden, für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Einen Mitarbeiter einzustellen, der empfohlen wurde, verringert das Risiko, dass er trotz hoher Qualifikation nicht zur Firma passt. Noch wichtiger ist Networking für Arbeitnehmer. Auf die Absicherung durch Arbeitgeber kann sich niemand mehr verlassen. Beziehungen helfen nicht nur dabei, fachlich auf dem Laufenden zu bleiben oder von freien Jobs zu erfahren. Ein Netzwerk bietet uns Sicherheit, die an anderen Stellen verlorengegangen ist.

SZ: Welche aktuellen Formen von Networking gibt es?

Lutz: Visitenkartenpartys und After-Work-Clubs sind aus der Mode gekommen. Gute Kontakte knüpft man in Branchennetzwerken, in Alumni-Clubs oder auf Messen. Auch durch Bürogemeinschaften kann man Kollegen kennenlernen. Im Trend liegen kommerzielle Netzwerke, etwa Frühstücksclubs. Gegen einen Mitgliedsbeitrag können sich hier Freiberufler gegenseitig Kontakte zu Kunden vermitteln. Eine unterschätzte, aber gute Möglichkeit ist das private Umfeld: Schul- und Studienfreunde, Bekanntschaften aus Vereinen, Nachbarn oder ehemalige Kollegen.

SZ: Worauf sollte man beim Networking achten?

Lutz: Networking ist kein Tauschgeschäft. Wenn Sie jemandem weiterhelfen, sollten Sie nicht sofort eine Gegenleistung erwarten. Nur den Kontakt zu Menschen zu suchen, die einem konkret helfen können oder bei angeblich wichtigen Personen Selbstmarketing zu betreiben, schadet mehr, als es nützt. Wenn Sie sich bei 20 Leuten unbeliebt machen, weil Sie aufdringlich wirken, werden diese 20 Leute wieder 20 andere kennen und weitererzählen, dass Sie eine Nervensäge sind.

SZ: Viele Karriereberater empfehlen, dass man strategisch vorgehen soll. Was halten Sie davon?

Lutz: Nicht viel. Oft sind es Zufälle, die einem Vorteile bringen. Ich bekam zum Beispiel den Kontakt zu einem Verlag über einen Bekannten, der seinen Hund an der Isar spazierenführte und dort öfter eine Hundebesitzerin traf, die Literaturagentin war. Beim Networking immer Privates und Berufliches zu trennen, ist nicht ratsam. Es verhindert, dass die Beziehung im Vordergrund steht und sich über längere Zeit vertiefen kann. Gerade das ist aber entscheidend. Gehen Sie von sich selbst aus: Wem würden Sie eher einen Gefallen tun? Einer Freundin oder jemandem, den Sie gar nicht richtig kennen?

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