Komplettes Studium in einem anderen Land:Worauf Auslandsstudenten achten müssen

Ein Studiensemester in den USA, Großbritannien oder Frankreich - das ist heutzutage nichts Besonderes mehr. Doch wer sein ganzes Studium in einem fremden Land durchzieht, hat einen echten Hingucker im Lebenslauf. Vorher muss ein Auslandsstudent aber einiges bedenken - damit er später nicht mit einem wertlosen Abschluss dasitzt.

Die einen flüchten vor dem Numerus Clausus, andere suchen einfach das große Abenteuer. Es gibt viele Gründe, sein Studium komplett im Ausland zu absolvieren.

Medizinstudium an der Universität in Leipzig

Der Andrang auf einen Medizin-Studienplatz in Deutschland ist groß - in diesem Fach hat das Auslandsstudium daher schon Tradition.

(Foto: dpa)

Durch die offenen Grenzen der Europäischen Union lässt sich das auch immer leichter finanzieren. Allerdings müssen Studenten vorher genau überlegen, was sie mit ihrem Studium später einmal vorhaben - damit sie am Ende mit einem Abschluss dastehen, mit dem sie im gewünschten Beruf im gewünschten Land arbeiten könnten.

Bei Medizinern hat ein Vollstudium im Ausland schon eine gewisse Tradition - denn der Andrang auf die heimischen Studienplätze ist groß. "In Deutschland braucht man einen sehr guten Einser-Schnitt im Abitur, um überhaupt einen Studienplatz zu bekommen", sagt Alexandra Michel von der aufs Ausland spezialisierten Studienberatung College Contact in Münster. Ähnlich schlecht sei die Situation in Deutschland für angehende Psychologen und Kommunikationswissenschaftler.

Im Ausland würden Studienplätze hingegen oft nicht allein nach der Abiturnote vergeben, sondern es gebe Aufnahmeprüfungen. Ein beliebtes Land bei angehenden Ärzten ist Ungarn. "Dort kann man Medizin sogar auf Deutsch studieren", sagt Michel. In Tschechien, der Slowakei, Lettland und Polen gebe es Studiengänge auf Englisch. Für Psychologie-Studenten seien zum Beispiel die Niederlande interessant. "Dort wird das Fach längst nicht so gehyped wie bei uns, deshalb ist es leichter, einen Platz zu bekommen."

Entscheidung fürs Ausland nicht unterschätzen

Ein Vollstudium im Ausland wird aber noch aus einem ganz anderen Grund attraktiv: Die eng getakteten Bachelor-Studiengänge ließen Studenten heute oft kaum den Raum, um für ein oder zwei Semester ins Ausland zu gehen, sagt Claudius Habbich vom Deutschen Akademischen Auslandsdienst (DAAD) in Bonn. In einigen Studiengängen stehe man vor der Entscheidung, ganz oder gar nicht ins Ausland zu gehen.

Unterschätzen dürfe man die Entscheidung zu einem Vollstudium im Ausland allerdings nicht, warnt Malte Eilenstein von der privaten Studienberatung PlanZ in Berlin. Denn die kann Konsequenzen für die gesamte spätere Berufslaufbahn haben. Mit einem ausländischen Abschluss nach Deutschland zurückzukommen, sei nicht immer ganz leicht, sagt Eilenstein. "Ein Studium im Ausland ist vor allem für Menschen sinnvoll, wenn sie später in diesem Land leben und arbeiten möchten."

Auslandsstudium - für Lehrer nicht zu empfehlen

Für Lehrer oder Jura-Studenten, die eine formale Anerkennung ihres Abschlusses in Deutschland brauchen, könne ein Studium im Ausland richtiggehend hinderlich sein. Ärzte und Psychologen, die innerhalb der Europäischen Union ihr Studium abschließen und ihre Zulassung als Arzt oder Psychologe bekommen, dürfen in jedem EU-Land praktizieren - also auch in Deutschland.

Generell gelte: Wer im europäischen Ausland bleibe, habe es mit seinem Abschluss in Deutschland noch relativ leicht. Aber wer Europa verlasse, bekomme häufiger Probleme mit der Anerkennung der Studienleistungen. Bei nicht-staatlichen Arbeitgebern sind ausländische Abschlüsse Eilenstein zufolge ohnehin meist kein Problem: "Da kommt es nicht auf die formale Anerkennung des Studiums an, sondern auf die Studieninhalte und das Bildungsniveau", sagt Eilenstein.

Und noch etwas sollte sich jeder Student von vornherein klarmachen: Während des Studiums zurück an eine deutsche Uni zu wechseln, ist schwer. "Das ist Ermessenssache der deutschen Hochschulen, welche Kurse sie anerkennen und welche nicht", sagt Studienberaterin Alexandra Michel. Einige Kurse müssten fast immer nachgeholt werden, weil Studienleistungen nicht anerkannt würden. Das kann das Studium in die Länge ziehen. "Deshalb sollte man sich von vornherein sicher sein, dass man auch das gesamte Studium im Ausland studieren will und dass man das auch finanzieren kann."

Studienberater Eilenstein weist zudem darauf hin, dass man die Studiengebühren in einigen Ländern nicht unterschätzen dürfe. Für ein Medizinstudium beispielsweise an der Semmelweis Universität in Budapest fallen pro Semester 7200 Euro Studiengebühren an (Stand März 2017).

Wer in der EU bleibt, hat zumindest auch Anspruch auf BAföG. "Im ersten Studienjahr im Ausland übernimmt das BAföG-Amt sogar die Studiengebühren - allerdings höchstens bis zu einem Betrag von 4600 Euro", sagt Michel. Außerdem gebe es in vielen Ländern Stipendien, durch die man deutlich niedrigere Studiengebühren zahlen müsse.

Es gibt also viel zu organisieren und das braucht Zeit. "Man muss eine ganze Menge Informationen einholen und häufig auch noch Sprachtests absolvieren. Spätestens ein Jahr vor dem Abitur sollte man mit den Planungen anfangen, damit man sich nicht mitten im Abiturstress zum Beispiel noch mit einem Sprachtest rumschlagen muss", rät Michel.

Und dann gibt es ja noch eine Alternative für diejenigen, die weder einen Auslandsaufenthalt im Bachelor-Studium unterbringen noch ganz im Ausland studieren wollen: Den Master im Ausland zu machen. Das kann auch in inhaltlicher Sicht interessant sein. "Gerade beim Master kann es sinnvoll sein, ins Ausland zu gehen, weil es da noch einmal ganz andere Spezialisierungen gibt", sagt DAAD-Experte Claudius Habbich.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: