Knifflige Entscheidung:Der Preis ist nur eines der Auswahlkriterien

Knifflige Entscheidung: Zwei Kilogramm Tomaten essen die Deutschen pro Kopf und Jahr. Das sagt die Statistik. Gemüse aus der Region ist bei Verbrauchern besonders gefragt.

Zwei Kilogramm Tomaten essen die Deutschen pro Kopf und Jahr. Das sagt die Statistik. Gemüse aus der Region ist bei Verbrauchern besonders gefragt.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Für eine Fortbildung gibt es oft mehrere Optionen - manchmal kostengünstige.

Von Christine Demmer

Miriam Schulte arbeitet am Empfang eines Hotels in Düsseldorf und muss dringend ihr Englisch verbessern. Ihr Chef ermahnte sie neulich deswegen und verweigerte ihr die Gehaltserhöhung. Nun steht die Hotelkauffrau vor einer schwierigen Entscheidung. Aufgrund ihrer Wechselschichten fällt der preisgünstige Kurs an der Volkshochschule flach, denn dazu müsste sie jeden Dienstagabend antreten. Teuren Einzelunterricht, bei dem sie in kurzer Zeit mehr lernt und außerdem die Zeiten selbst bestimmen kann, kann sie sich nicht leisten. Aus dem gleichen Grund kommt das Sprachtraining in Wales nicht infrage. Was also tun? Ihr Kollege Andy arbeitet im selben Hotel als Assistent der Geschäftsleitung. Der Hotellerie-Bachelor will Karriere machen und schwankt zwischen einem Masterstudium, für das er circa 14 000 Euro Studiengebühren bezahlen müsste, und einem berufsbegleitenden Führungskräftetraining an der örtlichen Industrie- und Handelskammer. Kostenpunkt: 4200 Euro. Für beides gibt es am Ende ein Zertifikat. Was rentiert sich eher?

Schon lange genügt es nicht, nur mit Ausbildung oder Studium Arbeit fürs Leben zu finden und zu behalten. Der technische und wirtschaftliche Wandel zwingen schon nach wenigen Jahren Berufspraxis zur Weiterbildung. Insbesondere für diejenigen, die auf der Karriereleiter nach oben steigen wollen, ist lebenslanges Lernen Pflicht. In manchen Berufsgruppen, wie beispielsweise bei den Steuerberatern und Steuerfachangestellten, ist die Pflicht zum Weiterlernen sogar vorgeschrieben. Ähnliches trifft für Gesundheitsberufe und IT-Spezialisten zu. Die meisten Arbeitgeber unterstützen die Lernbereitschaft ihrer Mitarbeiter mit betrieblicher Weiterbildung. Sie zielen aber vor allem auf kurzfristige Anpassungsmaßnahmen. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) schätzt, dass die Arbeitgeber etwa die Hälfte der beruflichen Weiterbildungskosten tragen, die andere Hälfte teilen sich die Lernenden und die öffentliche Hand. Belege dafür, was die Aufwendungen für den Einzelnen bringen, gibt es nicht. Christopher Osiander, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg, weiß nur, dass höhere formale Bildungsabschlüsse mit höheren Einkommen einhergehen. "Bei der beruflichen Weiterbildung ist der Effekt aber schwer zu bestimmen", sagt er. Denn wer sich weiterbildet, sei motiviert, und das allein könne schon eine "Belohnung" im Sinne eines Einkommensanstiegs oder eines Aufstiegs erzeugen. Darüber hinaus sei über die Kosten-Nutzen-Relation nichts bekannt.

Woraus die Schlussfolgerung zu ziehen ist: Preisgünstigere Angebote sollte man nicht von vorneherein aussortieren. Zum Beispiel das der Volkshochschulen (VHS), die selbst in kleinen Städten vertreten sind. "Unser Bildungsauftrag der Volkshochschulen bezieht sich auch auf den Beruf", betont Klaus Listmann, Studienleiter Arbeit und Beruf bei der VHS Fulda. Deshalb stehen vielfach nicht nur Englisch- und andere Fremdsprachenkurse auf dem Programm, sondern wie in Fulda zum Beispiel auch Buchhaltungs-Lehrgänge und CAD-Schulungen für Bauzeichner, Ingenieure und Architekten. Listmann ist sich seiner ziemlich unschlagbaren Preise bewusst. "Für einen CAD-Kurs mit 30, 40 Unterrichtseinheiten bezahlt man auf dem Markt um die 1000 Euro. Bei uns kostet das 270 Euro." Wie das? Unbegabte Lehrer, größere Gruppen? Listmann schüttelt den Kopf. "Die meisten Lehrkräfte arbeiten für mehrere Träger. Der Dozent bei uns kann also der gleiche sein, der den teuren Lehrgang in der Landeshauptstadt leitet. Und deren Klassen sind auch nicht immer kleiner als unsere." Nach erfolgreichem Kursbesuch bekommen die Teilnehmer eine Bescheinigung. Bis auf wenige Ausnahmen bei sogenannten Zertifikatskursen führen die Volkshochschulen keine Abschlussprüfungen durch. Und weil viele Lehrgänge in ständiger Folge angeboten werden, können schichtarbeitende Berufstätige wie zum Beispiel die Rezeptionistin Miriam auch mal einen Abend ausfallen lassen und später nachholen.

Das hat für die Lernenden Vor- und Nachteile. Früher waren formelle Zeugnisse über eine Weiterbildung enorm wichtig. Auch heute heißt es noch oft: Mit unbewiesenem Wissen kann man im Lebenslauf nicht glänzen. Reinhold Weiß vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn hält das im Zeitalter von Online-Kursen (Massive Open Online Courses/MOOC), die auch in Deutschland schon viele Hochschulen anbieten und für die es am Ende auch nur eine Teilnahmebestätigung gibt, für übertrieben: "Für den Teilnehmer ist es schön, wenn er am Ende ein Zertifikat in der Hand hält. Damit kann er signalisieren: Ich habe Zeit und Geld in meine berufliche Entwicklung investiert." Aus der Bescheinigung geht zumindest hervor, auf welchem Feld sich jemand weitergebildet hat - nicht aber, mit welchem Erfolg. Das macht die Bewertung schwierig. Dutzende von Bescheinigungen gar, denen zufolge ein Bewerber an einer Fortbildung ohne Abschlussprüfung teilgenommen hat, würden Personalchefs stutzig machen: Wann hat der oder die überhaupt noch Zeit für die Arbeit gefunden? Weiß ist skeptisch: "Die sagen nicht viel aus."

Insbesondere bei MOOC und Fernkursen ist der Lernerfolg ohne eine Präsenzprüfung schwer zu bestimmen. Aber Abschlusstests machen die Weiterbildung teurer. Ist sie deshalb schon besser als ein vergleichbarer Kurs nur mit Teilnahmebestätigung? "Sicherlich hat Qualität auch im Fernstudium ihren Preis", sagt Mirco Fretter vom Forum Distance Learning, dem Verband der Anbieter von Fernunterricht. "Wenn eine Weiterbildung teuer ist, heißt das nicht automatisch, dass sie gut ist." Ein akademisches Fernstudium koste in der Regel mehr als ein institutsinterner Abschluss. Generell sieht Fretter keinen Zusammenhang zwischen den Kosten und dem Ertrag einer Fortbildung. Auch eine Aufstiegsgarantie liefere weder das eine noch das andere.

Sicher ist nur: Weiterbildungen, die zu höheren formalen Bildungsabschlüssen führen, wie beispielsweise Bachelor und Master, haben ein deutlich höheres Gewicht bei der Bewerbung als ein Lehrgang selbst mit Abschlussprüfung. Insofern kann man bessere Aufstiegschancen kaufen. Sich am Arbeitsmarkt "verkaufen" müssen sich Miriam und Andy und mit ihnen Tausende andere Lernwillige freilich ganz allein.

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