Karriere ohne Frauenquote:Wider das Klischee von den Wegbeißerinnen

Ann-Kristin Achleitner

Ann-Kristin Achleitner rät Frauen, möglichst früh Erfahrungen in Gremien zu sammeln.

(Foto: Robert Haas)

Doktortitel in Betriebswirtschaft und Jura, mit Anfang 30 der erste Aufsichtsratsposten - heute ist Ann-Kristin Achleitner Kontrolleurin in drei Dax-Unternehmen. Die 48-Jährige sagt: "Weder Mann noch Frau bekommt ein Mandat in den Schoß gelegt."

Von Andrea Rexer

Als sie ihr erstes Aufsichtsratsmandat bekam, war das Wort "Quote" im gleichen Satz mit "Frauen" noch nicht gefallen: Ann-Kristin Achleitner war erst Anfang 30, als sie gerade ihren ersten Lehrstuhl bekommen hatte und mit dem Dekan der European Business School die Bank Depfa besuchte. Ganz offensichtlich hat die junge Forscherin dabei einen guten Eindruck hinterlassen, denn kurze Zeit später wurde sie in den Aufsichtsrat der Bank berufen. Frauenförderung war damals noch kein Thema. "Ich hatte das Glück, männliche Vorgesetzte zu haben, die mit dem Thema völlig relaxed umgingen. Das hat auch mich relaxed gemacht", sagt die heute 48-Jährige.

Auf dieses erste Mandat folgten viele weitere, in verschiedenen Branchen. "Weder Mann noch Frau bekommt ein Mandat bei einem Dax-Konzern in den Schoß gelegt. Ich habe lange Jahre Erfahrung bei kleineren Unternehmen gesammelt", sagt Ann-Kristin Achleitner rückblickend. Heute ist sie Kontrolleurin bei drei Dax-Unternehmen: beim Rückversicherungskonzern MunichRe, beim Industriekonzern Linde und beim Handelskonzern Metro. Zudem hat sie ein Mandat beim französischen Energieversorger GdF Suez.

In ihrem Hauptberuf ist Achleitner Professorin für Unternehmensfinanzierung an der TU München. Sie hat nicht nur einen Doktortitel in Betriebswirtschaft, sondern auch einen in Jura, die Habilitation folgte kurz danach.

"Ich habe es nie erlebt, dass Frauen sich gezielt wegbeißen"

Einen Mangel an fachlicher Kompetenz wird ihr da niemand vorwerfen. Ihr fachlicher Hintergrund dürfte Achleitner eher zu einigen Mandaten verholfen haben. Aber das allein ist es nicht. Frauen, die Aufsichtsratspositionen anstreben, rät sie, möglichst früh Gremienerfahrung zu sammeln - egal ob in sozialen Unternehmen, im Mittelstand oder in der Politik. "Es kommt darauf an, die Dynamik in Gremien zu verstehen", sagt sie. Sie rät Frauen auch, auf die Töchter von Großkonzernen zu schauen. Es muss ja nicht immer gleich die Muttergesellschaft sein, bei der eine Aufsichtsrätin ihr Know-How verbessert.

Das Thema Frauenförderung ist Achleitner ein großes Anliegen. Über ihre Aufsichtsratsmandate - gerade wenn es im Gremium um Nachhaltigkeit geht - fragt sie genau nach, wie viele Frauen eingestellt werden oder wie die Auswahlprozesse für Führungspositionen aussehen. Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für sie kein Frauenthema, sondern ein Thema, das gleichermaßen Väter wie Mütter betrifft. Gemeinsam mit ihrem Mann Paul Achleitner, der Chefkontrolleur bei der Deutschen Bank ist, hat sie drei Kinder.

Auf die Frage, ob sie jemals mit Vorurteilen konfrontiert war, weil sie sich als Frau in einer Männerwelt bewegt, lacht sie und sagt nach kurzem Überlegen: "Natürlich bringen wir Rollenvorstellungen mit, aber ich glaube, dass sich in der Gesellschaft bereits viel verändert hat. Männer gehen heute selbstverständlich in Vaterschutz - das war früher undenkbar."

Mehr Frauen in Führungspositionen hält sie da auch für eine zunehmende Realität. Einem Vorurteil tritt sie indes entschieden entgegen: dass zwischen Frauen ein besonderes Konkurrenzverhältnis bestünde und sie sich deshalb bekämpfen würden. "Ich habe es in meiner ganzen Karriere nie erlebt, dass sich Frauen gezielt wegbeißen", stellt sie klar.

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