Jurist:Zu gut, um wahr zu sein

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Weltweit handeln Kriminelle mit Bewerberdaten, die durch gefälschte Stellenanzeigen gewonnen werden. Wie man sich schützen kann.

Interview von Jutta Pilgram

Kai Fain ist Geschäftsführer des Deutschen Instituts für Compliance (Dico e.V.) in Berlin. Der Jurist warnt vor "Recruitment Fraud", dem Handel mit Bewerberdaten, die durch gefälschte Stellenanzeigen gewonnen werden.

SZ: Was schätzen Sie - wie viele gefälschte Stellenangebote sind im Umlauf?

Kai Fain: Schwer zu sagen. Ich schätze, dass es mindestens 100 solcher Fälle im Jahr gibt, wobei die Dunkelziffer hoch ist.

Wer steckt dahinter?

Die Ermittlungsbehörden vermuten, dass es sich um Kriminelle aus Osteuropa oder Asien handelt, die entweder an das Geld oder die Daten von Bewerbern wollen. Wie Vieles im Internet ist es allerdings häufig schwer zurückzuverfolgen.

Wie kann man überhaupt mit solchen Daten handeln?

Bewerber werden beispielsweise aufgefordert, eine spezielle Software herunterzuladen, die sie angeblich brauchen, um einen Homeoffice-Job zu machen. Die Software kommt nie an, aber die Kreditkartendaten sind weg. Oder man wird gebeten, sein Konto zur Verfügung zu stellen, weil dort Überweisungen getätigt werden müssen. Das ist ein typisches Zeichen dafür, dass mit dem Konto Geldwäsche betrieben werden soll. Eine andere Sache gilt vor allem für die USA, wo Leute gebeten werden, ihre Social-Security-Nummer anzugeben. Damit kann man Verträge abschließen. Aber auch in Deutschland lässt sich mit Daten sehr viel Geld verdienen.

Woran erkennen Bewerber solche unseriösen Stellenangebote?

Ein gibt mehrere Hinweise. Wenn ein Stellenangebot beispielsweise viel zu gut ist, um wahr zu sein. Oder wenn die Informationen sehr vage sind. Statt einer präzisen Stellenbeschreibung heißt es nur: Wir suchen Mitarbeiter. Weitere Hinweise sind Rechtschreib- und Grammatikfehler oder E-Mail-Adressen, die nicht zur Firma passen, etwa von Freemail-Anbietern. Oder wenn frühzeitig Bankdaten und private Angaben gefordert werden oder man über einen Link Software downloaden soll.

Wie weit gehen die Cyber-Betrüger?

Manche imitieren echte Unternehmen so perfekt, dass sie sogar Vorstellungsgespräche per Skype führen, bevor der Bewerber Verdacht schöpft. Zuweilen steckt auch eine konkurrierende Firma dahinter, die auf diese Weise Interna erfahren will. Sie lockt einen Bewerber mit einem Stellenangebot. Der erzählt dann im Jobinterview alles mögliche über seine Projekte - und das interessiert natürlich den Konkurrenten.

© SZ vom 25.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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