Junge Manager:Faltenfrei in Führungsjobs

Viele deutsche Top-Manager sind gerade einmal vierzig. Wie alt sollte man eigentlich sein, um ein Dax-Unternehmen führen zu können?

Dagmar Deckstein

Ist René Obermann mit seinen erst 43 Jahren und seiner jungenhaften Erscheinung nicht ein bisschen zu jung, um die Geschicke eines Unternehmens mit fast 244 000 Mitarbeitern zu führen?

René Obermann

Jungenhafte Erscheinung: René Obermann

(Foto: Foto: dpa)

Solche Fragen geistern dieser Tage immer wieder durch Unterhaltungen, die sich um den abrupten Führungswechsel bei der Deutschen Telekom ranken.

Zwar war Obermanns geschasster Vorgänger Kai-Uwe Ricke gerade 41, als er den Job vor vier Jahren von Ron Sommer übernahm, aber er hatte ein paar sichtbarere Falten im Gesicht.

Auch als Klaus Kleinfeld, 48, im vergangenen Jahr den Siemens-Chefposten von Heinrich von Pierer, 65, übernahm, musste sich die Öffentlichkeit zunächst an den 17 Jahre jüngeren gewöhnen und damit an ein neues Erscheinungsbild des Managers an der Konzernspitze.

Mentorensyndrom als Faktor

Ebenso galt eigentlich der 46-jährige Wolfgang Bernhard, derzeit Markenchef bei Volkswagen, eigentlich als geborener Nachfolger für den soeben vergraulten Bernd Pischetsrieder, 58, und nicht der 59-jährige Martin Winterkorn. Aber wäre Bernhard, der mit 24 immerhin schon in den DaimlerChrysler-Vorstand aufgerückt war, nicht doch ein wenig zu jung für die Leitung des größten deutschen Autokonzerns?

Heiner Thorborg, 62, einer der führenden Personalberater in Deutschland, bringen solche Betrachtungen geradezu in Rage. "Das sind erwachsene Männer", stellt er klar und fügt gleich noch hinzu, dass jeder, der eine entsprechende Ausbildung und Karrierestrecke hinter sich gebracht habe, grundsätzlich für einen Vorstandsposten geeignet sei.

Bis vor ungefähr zehn Jahren habe in manchen deutschen Konzernen noch die Regel gegolten, dass derjenige, der es mit 40 noch nicht in den Vorstand geschafft habe, es danach nicht mehr schaffen werde.

Thorborg hat einen einleuchtenden Grund gefunden, warum die Obermanns, Bernhards und andere für zu jung gehalten werden: "Journalisten und andere Beobachter des Wirtschaftslebens werden älter, also kommen ihnen Jüngere in verantwortlichen Positionen im Verhältnis noch jünger vor."

Außerdem sähen die Menschen heute im Vergleich zu ihrer Eltern- und Großelterngeneration einfach länger jung aus. Aber in Zukunft, meint Thorborg, "können wir bei Führungspositionen über Alter gar nicht mehr reden". Noch sei vielen Unternehmen gar nicht klar, in welche Altersfalle sie personell tappten.

"Da wird dann nicht mehr gefragt werden können, wie alt einer ist, um eine Spitzenposition einzunehmen, sondern, ob 38 oder 70, welche Kompetenzen und Fitness er oder sie mitbringt."

Etwas anders betrachtet Dorothee Echter, die als Coach in den Topetagen ein- und ausgeht, junge Spitzenmanager. Was sie häufig beobachte, sei das Mentorensyndrom, der Umstand dass sich ältere Männer in der Rolle des Förderers solch intellektuell brillanter aber lebensunerfahrener Jungmanager gefielen.

Das könnte bei René Obermann und seinem Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel durchaus zutreffen. Aber eine Wahrnehmung der Öffentlichkeit kann auch Dorothee Echter nachvollziehen: "Die Geschichtslosigkeit der Jungen." Sie hätten noch nicht viel erlebt und seien noch nie gescheitert. Es mangele ihnen also an einer wichtigen Lebenserfahrung.

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