Jobsuche:Sinnlose Psychospielchen

Veraltete Aufgaben, unfähige Beobachter: Warum Assessment-Center häufig nichts taugen. Ein Interview mit dem Psychologie-Professor Heinz Schuler.

Nicola Holzapfel

Viele Unternehmen schwören auf den Einsatz von Assessment-Centern, um die besten Bewerber auszuwählen. Doch genau das gelingt ihnen damit schlecht, sagt Heinz Schuler vom Lehrstuhl für Psychologie der Universität Hohenheim.

Jobsuche: Endstation Assessment-Center: Vor allem Führungskräfte, aber auch Hochschulabsolventen müssen sich diesem Personalauswahlverfahren stellen.

Endstation Assessment-Center: Vor allem Führungskräfte, aber auch Hochschulabsolventen müssen sich diesem Personalauswahlverfahren stellen.

(Foto: Foto: iStockphoto)

SZ: Sie kritisieren Assessment-Center. Warum?

Heinz Schuler: So wie Assessment-Center in Deutschland gemacht werden, sind sie nicht empfehlenswert. Ihre Aussagekraft ist zu gering. Da ist es besser, ein gut strukturiertes Interview zu führen. Das geht schneller und ist billiger. Stattdessen wird zwei Tage lang Laien-Diagnostik mit allerlei Übungen betrieben, aber nicht wirklich die Eignung der Teilnehmer getestet. Inzwischen wird jeder zweite Hochschulabsolvent durch ein Assessment-Center geschleust. Dieses Verfahren entscheidet über Berufs- und Lebensschicksale vieler Menschen. Das lässt sich nicht länger verantworten.

SZ: Was genau wird denn falsch gemacht?

Schuler: Ein Assessment-Center muss auf die Stelle passen, die zu besetzen ist. Das ist oft nicht der Fall. Meistens werden immer die selben veralteten Simulations-Aufgaben verwendet.

SZ: Sie meinen die berühmte Postkorb-Aufgabe?

Schuler: Ja, zum Beispiel. Dabei wird simuliert, dass jemand unter Zeitdruck eine Vielfalt von Aufgaben zu erledigen hat. Das bietet für die Entscheider den Vorteil, dass sich das Verhalten beobachten lässt. Aber genau deswegen kommen sie danach bei der Beurteilung leicht zu falschen Schlüssen. Man glaubt eben leichter, was man mit eigenen Augen gesehen hat. Stattdessen müssten neben den simulationsbezogenen Verfahren in Gruppendiskussionen und Rollenspielen auch Tests, die die Intelligenz, Leistungsmotivation und Integrität messen, sowie Interviews und biografische Fragebögen eingesetzt werden.

SZ: Und warum wird das nicht gemacht?

Schuler: Assessment-Center leiden unter ihrer Popularität. Unternehmen gehen damit sehr leichtfertig um. Sie werden heute meist von unerfahrenen Mitarbeitern aus der Personalabteilung gemacht, die noch dazu falsche Vorstellungen haben und auf solche rhetorischen Floskeln wie "Teamfähigkeit" achten statt messbaren Ergebnissen zu trauen.

SZ: Was kann man denn den Bewerbern raten, die in solche Assessement-Center geraten?

Schuler: Das hängt davon ab, wie weit sie zu sich stehen möchten. Natürlich muss man sich vorbereiten und über das Unternehmen informieren - allein schon um für sich selbst entscheiden zu können, ob man dorthin passt. Auch auf das Assessment-Center selbst kann man sich vorbereiten, damit man nicht zu aufgeregt ist und schon etwas Routine hat. Allerdings wird in solchen Trainings häufig empfohlen, sich auf eine bestimmte Art zu verhalten. Das funktioniert in der Praxis nicht sehr gut. Sie scheitern damit. Das besten wäre, wenn man in der Lage ist zu sagen: Ich glaube an mich und daran, dass ich einen Job finden werde in einem Unternehmen, das zu mir passt. Es bringt nichts, sich zu verstellen. Das lässt sich ja später im Job gar nicht durchhalten.

Heinz Schuler, Assessment-Center zur Potenzialanalyse, Hogrefe, 49,95 Euro

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