Jobs bei Google:Gesucht, gefunden

Google ist als Arbeitgeber heiß begehrt: Das Unternehmen bekommt etwa eine Million Bewerbungen im Jahr. Genommen werden nur die Besten der besten Hochschulen.

Christine Demmer

Michael Forster, 31, hat zügig studiert, einen glänzenden Abschluss hingelegt, als promovierter Informatiker ein Jahr lang in Sydney geforscht und danach freiberuflich gearbeitet. Auf seine Bewerbung hin würden 99 von 100 Rekruitern schleunigst einen Arbeitsvertrag aus dem Drucker laufen lassen, in Seidenpapier wickeln, den Umschlag küssen und höchstpersönlich zur Post bringen.

Münchner Dependance von Google

Zu schön, um wahr zu sein? Schaukeln in der Denkzone der Münchner Dependance von Google.

(Foto: Foto: Google)

Für Google reicht das nicht. Das sich ständig häutende Imperium - gestern Suchmaschine, morgen Allroundanbieter von mobilen Diensten - verlangt von seinen Mitarbeitern mehr. Sie sollen "Persönlichkeiten" sein. Wenn sie das sind, stellt Google sie ein. Wenn Google sie nicht haben will, sind sie keine. So einfach ist das im Land der Ur-Googler Larry Page und Sergej Brin. Das Kalkül funktioniert offenbar. Weil jeder eine Persönlichkeit sein will, wollen alle zu Google. Laut Fortune Magazine ist das Unternehmen 2007 zum beliebtesten Arbeitgeber in den USA aufgestiegen. "Wir bekommen etwa eine Million Bewerbungen im Jahr", sagt auch Stefan Keuchel, Pressesprecher von Google Deutschland. Genommen würden nur die Besten der besten Hochschulen. Eisernes Schweigen auf die Frage, wen Google dafür halte: "Unser Ranking bleibt intern", sagt Recruiting Managerin Pia Baumeister.

Freiheit, Forschung, Fun

Wen das Etikett, zur Elite zu gehören, allein nicht lockt, wird womöglich angesichts der studentisch locker inszenierten Unternehmenskultur schwach. Denn die meisten Studierenden fürchten den harten Bruch zwischen Uni und Unternehmen. Das Hochschulleben steht für Freiheit, Forschung und Fun. Also kultiviert der mittlerweile etwa 16000 Mitarbeiter zählende Konzern ganz bewusst das unbeschwerte Campus-Feeling. Die Gründer Page und Brin sind zwar längst Multimilliardäre, lassen sich aber trotzdem regelmäßig in Jeans und Turnschuhen in der Firmenzentrale in Mountain View blicken, "Googleplex" genannt.

Wer hier arbeitet, könnte fast sagen, er habe bei Google gebucht: Im Googleplex kann man seine Wäsche waschen, zum Friseur und zum Arzt gehen, seine Bankangelegenheiten regeln lassen. Denkblockaden lösen sich beim Tischfußball, im Schwimmbad oder auf einem Massagesessel. Lavalampen tauchen die Flure und Büros in weiches Licht. Mehrere Restaurants auf Gourmetniveau und für die Mitarbeiter zum Nulltarif locken. Auch bei Getränken, Süßkram jeglicher Art und Snacks kann man sich kostenlos bedienen. Wer trotzdem abends nach Hause will, kann die firmeneigene Buslinie nutzen, selbstverständlich gratis. Ach ja: Die Gehälter kommen noch dazu und sind "marktüblich". Was das genau bedeutet, darüber schweigt Recruiting Managerin Baumeister sich aus.

Von Lavalampen erleuchtet

Karin Müller, 36, gehört seit fast drei Jahren zur Firma. Die Betriebswirtin ist Client Service Koordinatorin im Büro Hamburg, kümmert sich um die Werbekunden und setzt Kampagnen auf - auch hier von Lavalampen erleuchtet. "Ich wollte unbedingt zu Google", sagt sie. Sechs Interviews und drei Monate nach der Bewerbung war sie dabei. Der größte Nachteil ihres Jobs sei zugleich der größte Vorteil: "Man kann sich in seiner Arbeit verlieren. Wir sind ständig in Bewegung, entwickeln immer wieder neue Produkte. Da ist es nicht leicht, das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit zu finden." "Tja, die Work-Life-Balance", sagt Keuchel. "Es ist ja nicht so, dass Arbeit bei Google nur Spaß wäre. Auch, aber eben nicht nur. Wir wollen alle eine gute Arbeit machen, und dafür müssen wir eben auch hart arbeiten."

Rund 400 Googler sind heute in der Zentrale unweit der Hamburger Alster, im Vertriebsbüro Frankfurt und in der Softwareentwicklung in München tätig. Im Berliner Büro zieht ein Lobbyist die Fäden für Google; die Techniker und Ingenieure sitzen mehrheitlich in Zürich; der Service telefoniert aus Dublin. Auch dort arbeiten ein paar hundert Deutsche.

Acht bis zehn Interviews pro Kandidat

Stimmt es, dass Larry und Sergej noch immer höchstpersönlich jede Neueinstellung absegnen? "In gewisser Weise schon", perforiert Sprecher Keuchel den in zahlreichen Blogs kolportierten Mythos. "Die Rekruiter berichten den Gründern von jedem Kandidaten, und die beiden müssen zustimmen." Wahrscheinlich im Hunderterpack, so darf man angesichts des Wachstums und des proklamierten Bewerberaufkommens von Google annehmen.

Früher konnte der Auswahlprozess schon mal ein Jahr lang dauern, weil die Kandidaten acht bis zehn Interviews führen mussten. Weil jetzt die Konjunktur gut ist und alle um den Nachwuchs buhlen, bildet sich Google nach höchstens vier bis sechs Gesprächen eine Meinung. Bei Michael Forster genügte ein Telefoninterview und ein Tag in London, an dem er vier Interviews in Folge überstand. Schon bald danach ging es zum "Noogler"-Training nach Mountain View. "Noogler" heißen die Frischlinge. Jetzt sitzt Forster in München, nahe des Marienplatzes, und entwickelt Software. "Wir haben eine sehr große Freiheit", lobt der Informatiker, "zum Beispiel können wir uns die Entwicklungsumgebung aussuchen. Wo sonst ist das möglich?" Gut findet er auch, dass Google großen Wert lege auf die Meinung seiner Entwickler. Weniger gut findet er, dass er wie seine Kollegen vorübergehend Bereitschaftsdienst machen muss: "Das Büro in München ist noch neu, da müssen wir uns die anfallende Arbeit teilen." Aber das macht fast nichts. Schließlich gibt es hier nicht nur Designer-Sessel zum Entspannen, sondern auch eine Kletterwand, an der man sich austoben kann.

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