Jobcoach:Wie verhalte ich mich bei einem Todesfall im Büro?

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Der Sohn einer Kollegin ist verstorben. Nun weiß Gabriele S. nicht, wie sie mit der Frau umgehen soll.

SZ-Leserin Gabriele S. fragt:

Vor zwei Wochen hat sich der 22-jährige Sohn einer Kollegin umgebracht. Wir alle sind erschüttert. Die Beerdigung hat bereits im engsten Kreis stattgefunden. Unser Chef hat die Kollegin angerufen und ihr kondoliert, aber gleichzeitig nach einem beruflichen Detail gefragt, damit bei uns der Betrieb weitergehen kann. Ich finde das pietätlos. Aber ich weiß auch nicht, wie ich der Kollegin begegnen soll, wenn sie wieder zur Arbeit kommt. Was wären die richtigen Worte? Oder sollte man besser über den Verlust schweigen, um sie nicht aus der Fassung zu bringen?

Jan Schaumann antwortet:

Liebe Frau S., Ihr Chef hat bereits eine Menge richtiggemacht, indem er Ihrer Kollegin gleich kondoliert hat. Ob das telefonisch geschieht, per Brief oder Karte, hängt auch von der persönlichen Beziehung zur Hinterbliebenen ab. Wichtig ist, dass es so schnell wie möglich geschieht. Der Kontakt zu Menschen aus dem familiären, freundschaftlichen oder beruflichen Umfeld ist häufig der Strohhalm, an dem Trauernde sich festhalten, um den Verlust zu bewältigen. Bleibt die Kontaktaufnahme aus, kann das Gefühl aufkommen, nicht nur einen lieben Menschen verloren zu haben, sondern auch von anderen Menschen aus dem Umfeld verlassen worden zu sein. Insofern kann ich nur jeden dazu ermutigen, Hemmungen zu überwinden und den Hinterbliebenen zu zeigen, dass sie nicht alleine sind.

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Ob es in Ordnung ist, mit der Kondolenz auch gleich ein berufliches Thema anzusprechen, steht auf einem anderen Blatt. Sie sagen, dass die erfragte Information wichtig war, damit bei Ihnen der Betrieb weitergehen konnte. In diesem Fall wäre es also beinahe fahrlässig, nicht danach zu fragen. Es kann sogar sein, dass Ihre Kollegin die berufliche Frage als positive Ablenkung empfindet. Dabei ist natürlich Fingerspitzengefühl nötig.

Ihre Frage, ob Sie aus dem Kollegenkreis eine Karte schicken sollen, kann ich eindeutig mit Ja beantworten. Nur nehmen Sie sich bitte die Zeit und schreiben einige persönliche Zeilen, mit denen Sie Ihre Anteilnahme ausdrücken, bevor die Kollegen auf der Karte unterschreiben. Verzichten Sie möglichst auf vorgedruckte Beileidsbekundungen.

Wenn Ihre Kollegin wieder zur Arbeit kommt, ist das für sie ein Schritt zurück in die Normalität. Leider gibt es hierfür kein Patentrezept. Fangen Sie bitte nicht noch einmal mit ausschweifenden Beileidsbekundungen an oder der Frage, wie es ihr geht. Heißen Sie die Kollegin einfach willkommen und freuen sich, dass sie wieder da ist. Natürlich steht es Ihnen frei, sie anfangs ein wenig zu entlasten. Aber bitte diskret und ebenfalls in Maßen. Je mehr Normalität Ihre Kollegin erfährt, desto besser.

Wenn sie über den Trauerfall sprechen möchte, wird sie das von sich aus tun. Sie können ihr ein Gespräch darüber anbieten, wann immer sie möchte, sollten sie aber niemals drängen. Wenn sie das Gespräch sucht, weichen Sie bitte nicht aus. Wichtig ist, aufmerksam zuzuhören und auf keinen Fall sofort mit eigenen Erlebnisberichten zu kommen. Sparen Sie sich auch aufmunternd gemeinte Worte wie "Das wird schon wieder" oder "Er ist jetzt an einem besseren Ort". Damit sprechen Sie Ihrer Kollegin das Recht ab zu trauern und vermitteln eher das Gefühl, dass Sie nichts damit zu tun haben möchten.

Trauer braucht Zeit. Bei manchen weniger, bei manchen mehr. Richten Sie sich darauf ein, dass Ihre Kollegin in den nächsten Wochen oder Monaten immer wieder schlechte Phasen hat, Fehler macht, nicht belastbar ist oder sich krankmeldet. Je mehr Sie ihr während dieser Zeit zur Seite stehen, desto mehr helfen Sie ihr, wieder in ein normales Leben zurückzufinden. Wenngleich dieses Leben nie wieder so sein wird wie vorher.

Jan Schaumann lebt als Managementberater, Seminarleiter und Buchautor in Berlin.

© SZ vom 24.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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