Job:Wer sich nicht krank meldet, bekommt mehr Geld

Amazon eröffnet neues Verteilzentrum

Eine Mitarbeiterin scannt ein Paket in dem neuen Verteilzentrum von Amazon in Bochum.

(Foto: dpa)

Amazon zahlt Gruppen-Boni an Abteilungen, deren Mitarbeiter selten krankheitsbedingt fehlen. Für das Arbeitsklima ist das Gift.

Der US-Versandhändler Amazon stand wegen der Arbeitsbedingungen in seinen deutschen Versandzentren schon häufiger in der Kritik. Jetzt ist wieder eine umstrittene Regelung von Amazon bekannt geworden.

Um den Krankenstand in seinen Logistikzentren zu senken, gibt es für die Mitarbeiter seit vergangenem Jahr eine Anwesenheitsprämie. Im Rahmen einer aus mehreren Komponenten bestehenden Erfolgsprämie bekommen die Mitarbeiter mehr Geld, wenn sie sich seltener krank melden. Die Höhe der Prämie ist nach Krankheitstagen gestaffelt. Brisant dabei ist: Diese Gesundheitskomponente wird an einen Gruppenbonus gekoppelt und das bedeutet, dass nicht nur die eigenen Krankheitstage zählen. Denn um die maximal mögliche Prämie von zehn Prozent des monatlichen Bruttogehaltes zu erhalten, kommt es auch darauf an, wie oft die Kollegen des gesamten Teams krank sind, in dem einer arbeitet.

Damit wird ein doppelter Druck aufgebaut: Jeder, der sich krank meldet, gefährdet nicht nur seinen eigenen Bonus, sondern schwächt damit auch den Wert, den seine Kollegen erreichen können. Entsprechend heftig ist die Kritik an dem Konzept. "Wir lehnen jede Form einer Gesundheitsprämie ab", sagt Thomas Voss, der bei der Gewerkschaft Verdi für Amazon zuständig ist. Durch einen Gruppenbonus würden die Mitarbeiter gegeneinander ausgespielt. Als "komplett ungerecht" bezeichnete Anette Wahl-Wachendorf vom Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte das Prämiensystem. Ältere Mitarbeiter oder chronisch Kranke würden darin überhaupt nicht berücksichtigt. Auch von der Technikerkrankenkasse kam Kritik. Die Leiterin des Gesundheitsmanagements, Sabine Voermans, sagte, mit einer Prämie werde gefördert, dass Menschen krank zu Arbeit gingen und Krankheiten nicht richtig ausgeheilt würden.

Auch viele andere Unternehmen haben bereits mit Anwesenheitsprämien experimentiert, die seit 1996 im Entgeltfortzahlungsgesetz verankert sind. Doch das wird, wie das Beispiel Daimler-Benz zeigt, meist mit ganz anderen Anreizen verknüpft.

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