Job:So klappt die Selbstorganisation im Büro

To Do App

Ein Berg voller Arbeit, die klug erledigt werden will.

To-do-Listen helfen, Ordnung im Kopf und auf dem Papier zu schaffen. Apps und Ratgeber wollen sie mit unterschiedlichen Methoden optimieren. Aber gibt es das, die perfekte Liste?

Von Christoph Gurk

Ohne To-do-Listen geht es nicht, glaubt Burkhard Heidenberger. "Eine To-do-Liste schafft Übersicht und macht den Kopf frei", sagt der Trainer für Arbeitsmethodik. Ohne sie sei kein effektives Zeitmanagement möglich. Heidenberger ist also Fan, wie viele andere auch.

Klar: To-do-Listen sind keine neue Erfindung, in den vergangenen Jahren aber sind sie digital und damit sehr verbreitet geworden: So gibt es heute in den großen App-Stores Hunderte verschiedene To-do-Listen Programme für Smartphone und Tablets. Die Nachfrage ist sogar so groß, dass Microsoft im vergangenen Jahr einen dreistelligen Millionenbetrag für die App "Wunderlist" der deutschen Entwickler "6Wunderkinder" gezahlt haben soll. Hinzu kommt eine Vielzahl von Ratgeber-Büchern und Blogs, die erklären, warum man sie führen sollte - und vor allem wie.

To-do-Liste ist nicht gleich To-do-Liste. Wer es ernst meint mit seinem Aufgabenmanagement, schreibt alles, was er erledigen will, nicht nur einfach auf eine Liste. Er folgt einem bestimmten System oder einer Methode. Dutzende gibt es von ihnen, teils tragen sie seltsame Namen und oft haben sie eine Anhängerschaft, die fest davon überzeugt ist, dass allein ihre Methode die effektivste ist.

So gibt es Fans der ALPEN-Methode (Aufgabe aufschreiben, Länge abschätzen, Puffer einplanen, Entscheidungen treffen, Nachkontrolle) oder des SMART-Prinzips (spezifische Ziele beschreiben, messbare Faktoren definieren und aktionsorientiert, realistisch und terminlich planen), andere definieren ihre To-do-Liste mit AMORE (ambitiös, motivierend, organisiert, realistisch und echt) oder nach der PIDEWaWa-Methode, die zwar nach einer Kinderkrippe klingt, eigentlich aber für "positives Formulieren", "Ist-Zustand festhalten", "Detailliertheit", "Erreichbarkeit" und der Frage nach dem Wann und Warum steht.

Dann gibt es noch den Klassiker beim Zeit- und Aufgabenmanagement: GTD. Die Abkürzung steht für "Getting Things Done". GTD stammt von David Allen, einst Tankstellenwart, Magier, Kellner und Karate-Lehrer, heute To-do-Guru mit internationaler Gefolgschaft. Anfang der Nullerjahre veröffentlichte Allen sein Buch "Getting Things Done - Wie ich Dinge geregelt kriege", darin gab er einfache Tipps für einen produktiveren Arbeitsalltag. Das Buch brachte es zu einer Millionenauflage und Weltruhm, bewirkt gleichzeitig, dass To-do-Listen wieder stärker genutzt wurden, sind sie doch einer der Grundpfeiler der GTD Methode. "Unser Hirn ist dafür da, um zu denken, und nicht um sich Sachen zu merken", sagt Allen.

Tatsächlich haben das amerikanische Wissenschaftler in Experimenten mittlerweile bestätigt. Sie untersuchten, wie unerledigte Aufgaben unser Denken beeinflussen. Es ist bekannt, dass sich das Gehirn diese besser merken kann als ab- geschlossene Arbeiten. Psychologen nennen dies den Zeigarnik-Effekt. Er wirkt wie eine eingebaute Erinnerungsfunktion, die so lange klingelt, bis eine Frage beantwortet ist oder eine Aufgabe abgeschlossen.

Grundsätzlich praktisch - doch in der digitalisierten und durchorganisierten Arbeitswelt wird die Erinnerungsfunktion immer öfter auch zum Störfaktor: In Experimenten haben die Wissenschaftler aus den USA herausgefunden, dass uns offene, unerledigte To-dos davon abhalten, kreativ zu sein. Unterbrachen die Forscher Probanden dabei, Aufgaben zu erledigen, schnitten diese in einem anschließenden Brainstorming schlechter ab. Die Alarmglocke der Erinnerungsfunktion im Kopf schien so laut zu klingeln, dass dies die Kreativität störte. Ausschalten ließ sie sich nur, in dem man die Aufgabe erledigte - oder, so fanden die Forscher heraus, wenn Probanden die Erledigung der Aufgabe planen durften.

Es scheint also sinnvoll, dass Menschen gerade in Zeiten ständiger Erreichbarkeit auf To-do-Listen zurückgreifen. Sie bringen Ordnung ins Chaos, vor allem aber versprechen sie auch Ruhe und Frieden.

"To-do-Listen vereinfachen Komplexität, darum sind sie so erfolgreich"

Nur: Welche ist denn nun die richtige Methode, eine To-do-Liste anzufertigen und abzuarbeiten? Gibt es die eine perfekte, die für alle passt? Leider nein, sagt Zeitmanagement-Trainer Heidenberger: "Funktioniert für mich eine To-do-Liste gut, heißt das noch lange nicht, dass sie auch für andere praxistauglich ist."

Zwar gibt es einige Punkte, in denen sich die meisten Methoden, Coaches und Ratgeber einig sind. Beispielsweise, dass eine To-do-Liste nicht zu lang sein sollte. "Viele haben den Anspruch, eine umfassende To-do-Liste zu schreiben, auf der alles steht, was ich tun muss und möchte", sagt Ivan Blatter, Personaltrainer für neues Zeitmanagement. "Das führt natürlich dazu, dass die Listen viel zu lang werden - und das wirkt demotivierend."

Auch sollte die Liste möglichst simpel sein. "To-do-Listen vereinfachen Komplexität, darum sind sie so erfolgreich", sagt Jochen Mai, Kommunikations- und Strategieberater. Wenn die To-do-Liste selbst zu komplex werde, funktioniere sie nicht mehr."

Eine der größten Schwierigkeiten sei die Frage, wie man Aufgaben sortiert. "Priorisierung ist das Entscheidende beim erstellen einer To-do-Liste", sagt Mai. "Bei der Frage, wie man das macht und mit welcher Methode, wird es schnell knifflig und persönlich." Denn so wie für das Erstellen von To-do-Listen gibt es auch bei der Priorisierung Dutzende Arbeitsweisen, Anleitungen und Prinzipien. Es gibt zum Beispiel das ABC-Modell, bei dem man seine To-do-Liste in A - sehr wichtige Aufgaben, B - weniger wichtige und C - kaum bis unwichtige Aufgaben einteilt. Ähnlich funktioniert die 1-3-5-Methode, bei der es darum geht, jeden Tag eine große Aufgabe auszuwählen, drei mittlere und fünf kleine, genauso wie das "3N"-Prinzip: Es strukturiert die Aufgaben in "Notwendig", "Nützlich" und "Nice to have".

Etwas komplexer wird es bei der Eisenhower-Methode, angeblich benannt nach dem gleichnamigen ehemaligen US-Präsidenten, der seine Aufgaben nach Wichtigkeit und Dringlichkeit sortiert haben soll. So entstanden am Ende vier Kategorien: "Wichtig und dringend", "wichtig und nicht dringend", "nicht wichtig aber dringend" und "nicht wichtig und nicht dringend".

Doch was ist, wenn man den Tag nicht mit der wichtigsten Aufgabe oder dem größten Brocken Arbeit beginnen will? "Für manche kann das funktionieren, andere brauchen aber erst einmal eine Startmotivation in Form von kleineren Aufgaben", sagt Strategieberater Mai. "So holen sie sich den Schwung, mit dem sie dann die großen Brocken angehen."

Welche Methode für wen am besten passt, muss jeder für sich selbst herausfinden. "Darum ist es super, dass es so viele verschiedene Methoden gibt, mit denen man experimentieren kann", sagt Mai. "Man kann und man sollte also immer das Modell in Frage stellen, das man gerade benutzt - aber nicht die To-do-Liste".

Die perfekte Liste ist also immer jene, die für einen persönlich am besten passt. Das sagt auch Zeitmanagement Trainer Ivan Blatter: "Viele Blogs und Bücher versprechen die eine Methode, mit der man produktiv und glücklich wird. Dabei wird vergessen, dass wir alle unterschiedlich sind und unterschiedliche Jobs haben." Die Liste sollte darum kein Korsett sein, sondern etwas, an dem man sich orientiert, sagt Blatter. Denn: "Wer zu genau plant, der scheitert."

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