IT-Branche:Flaute auf dem Stellenmarkt

Der Stellenabbau in der IT-Branche ist noch nicht vorbei. Experten erwarten, dass einige Unternehmen noch Jobs streichen werden.

Von Judith Raupp

(SZ vom 20.10.2003) 750.000 Menschen arbeiten in der Technologiebranche. Vor gut drei Jahren, als es den Firmen der Informationstechnologie und Telekommunikation noch richtig gut ging, waren es 800.000. "Mehrheitlich sind die Abbaupläne jetzt vorbei", sagt Dieter Scheitor, bei der IG Metall für die High-Tech-Branche zuständig.

Das registrierten jedenfalls die Gewerkschafter, die in vielen Aufsichtsräten sitzen. Scheitor legt jedoch keinen übertriebenen Optimismus an den Tag: "Einige Unternehmen, darunter große wie IBM oder T-Systems, werden noch Stellen streichen." Obwohl Scheitor für das nächste Jahr ein leichtes Umsatzplus bei den IT-Unternehmen erwartet, rechnet er auf dem Stellenmarkt mit "plus-minus null".

Als Gefahr für einen Teil der Arbeitsplätze betrachtet er den Trend, IT-Projekte nach Indien oder Osteuropa zu verlagern. Das treffe besonders jene Programmierer ohne Fachausbildung, die während des Booms angelernt wurden. Mittlerweile drängen zwar auch ausländische High-Tech-Firmen mit Vertriebsniederlassungen nach Deutschland und schaffen neue Arbeitsplätze. Per Saldo gehen aber Stellen verloren.

Die IG Metall will diesem Trend mit einem Konzept aus der Autoindustrie begegnen. Anfang der 90er Jahre sah es in dieser Branche düster aus, immer mehr Manager wollten im Ausland produzieren lassen, weil dort die Kosten niedriger waren. Gewerkschaften und Betriebsräte vereinbarten daraufhin, dass jedes Auslands-Projekt zunächst unter Einbeziehung aller Risiken "fair" bewertet wurde. Dazu zählten auch Gefahren durch kulturelle Unterschiede oder geringere Rechtssicherheit. Danach entschied die heimische Fabrik, ob sie ein konkurrenzfähiges Angebot machen konnte. "Wir konnten nicht alle Projekte retten. Aber man hat doch plötzlich gesehen, dass sich die Auslagerung gar nicht so oft lohnt, wie man dachte", sagt Scheitor.

Reduzierte Arbeitszeiten

Arno Wilfert, Technologieexperte beim Beratungsunternehmen Arthur D. Little, zeigt sich für den High-Tech-Arbeitsmarkt skeptisch: "Ich bin mir nicht sicher, ob schon alle Unternehmen gesund geschrumpft sind". Einen signifikanten Aufschwung erwartet er für das nächste Jahr nicht. Ob er seinen Kindern jetzt eine Ausbildung im IT-Sektor empfehlen würde? "Wem das Spaß macht, der sollte sich nicht abhalten lassen", beruhigt er. Der langfristige Trend stimme: "Die Informationstechnik wird die Wirtschaft immer mehr bestimmen."

Auch Rüdiger Spies von der Beratungsgesellschaft Meta Group rechnet für das nächste Jahr mit einer Stagnation auf dem Arbeitsmarkt. Die Auslastung sei überschaubar, die Unternehmen beschäftigten ihre Mitarbeiter derzeit häufig in internen Projekten. Auch längere Urlaube und Arbeitszeitreduktion seien keine Seltenheit.

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