Islam-Institute:Deutsche Universitäten sollen Imame ausbilden

Lesezeit: 2 min

Der Wissenschaftsrat dringt darauf, künftig Imame und islamische Religionslehrer analog zur christlichen Theologie auszubilden.

R. Preuß und T. Schultz

An deutschen Universitäten sollen künftig Imame und islamische Religionslehrer ausgebildet werden. Der Wissenschaftsrat, in dem Professoren und politische Vertreter von Bund und Ländern sitzen, verabschiedete dazu am Freitag umfassende Empfehlungen. Analog zur christlichen Theologie sollen an zunächst zwei bis drei Universitäten große Institute für "Islamische Studien" entstehen.

Imame sollen künftig auch an deutschen Universitäten ausgebildet werden. (Foto: Foto: AP)

Vertreter der deutschen Muslime begrüßten die Pläne. Bisher gibt es in Deutschland zwar islamwissenschaftliche Lehrstühle, eine bekenntnisorientierte Forschung und Lehre zum Islam fehlt dagegen weitgehend. In den vergangenen Jahren sind nur vereinzelte Islam-Professuren zur Ausbildung von Religionslehrern und Theologen entstanden. Der Wissenschaftsrat, das wichtigste Beratungsgremium von Bund und Ländern in der Hochschulpolitik, dringt nun auf einen massiven Ausbau.

"Man braucht mehr als nur kleine Lösungen", sagte der Historiker Lutz Raphael, der das Konzept mit einer Arbeitsgruppe monatelang vorbereitet hat. Die neuen Islam-Institute sollen vier bis sechs Professuren sowie weitere Mitarbeiter erhalten, je Institut entstünden Kosten von mindestens einer Million Euro im Jahr. Der Rat bittet Bund und Länder, den Ausbau zu finanzieren und zu koordinieren.

Einwände gegen die Bewerber

Ausdrücklich empfiehlt der Rat, die Islamstudien an staatlichen Universitäten zu verankern und nicht privaten Einrichtungen zu überlassen. Die Politik war an dem Beschluss beteiligt; dem Rat gehören nicht nur Gelehrte und vom Bundespräsidenten bestellte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens an, sondern auch die Fachminister der Länder und Vertreter mehrerer Bundesministerien.

Ein Politikum ist die Mitsprache der Muslime an Islam-Instituten. In der Vergangenheit gab es dabei heftige Konflikte an der Universität Münster. Bei den christlichen Theologien wirken die Kirchen an den Inhalten der Ausbildung und an der Berufung der Professoren mit. Da es im Islam keine Kirchenstruktur gibt, empfiehlt der Wissenschaftsrat, an den Hochschulen "Beiräte für Islamische Studien" einzurichten. Sie sollen bei der Gestaltung der Studiengänge und der Auswahl von Wissenschaftlern mitbestimmen. Aus religiösen Gründen könnten sie dann auch Einwände gegen Bewerber erheben. Die Beiräte sollen die Pluralität im Islam abbilden; ihnen sollen muslimische Verbandsvertreter angehören, außerdem Gelehrte und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.

Forderung nach Mitspracherecht

Die muslimischen Verbände müssten "zumindest für den Anfang" genauso über die Inhalte der Studiengänge und die Berufung von Professoren mitentscheiden können wie die Kirchen in der christlichen Theologie, betonte Bekir Alboga, der Sprecher des Koordinationsrates der Muslime. "Wir wollen schon bei der Planung eines Lehrstuhls bei jedem Schritt mitsprechen", sagte er. Der Vorsitzende des orthodoxen Islamrats, Ali Kizilkaya, signalisierte ebenfalls Bereitschaft zur Mitarbeit, "wenn wir in den Hochschulen tatsächlich über Lehre und Lehrer mitentscheiden können". Der Islamrat habe großes Interesse an Imamen, die in Deutschland ausgebildet wurden: "Sie kennen die Verhältnisse und die Menschen hier besser." Bisher rekrutieren fast alle Moscheegemeinden in Deutschland ihre Vorsteher aus dem Ausland, meist aus der Türkei.

Alboga sagte dagegen, er sehe für den Verband Ditib "keinen Bedarf an Imamen von deutschen Unis". Ditib ist der größte Zusammenschluss deutscher Moscheegemeinden und erhält seine Imame vom türkischen Staat.

© SZ vom 30.01.2010/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: