Investor über Selbständigkeit:"Gründer müssen heute schneller sein"

Falk Strascheg war einer der ersten Wagniskapitalgeber in Deutschland. Er rät jungen Unternehmern, früh gute Mitstreiter zu suchen und sich auf den Business-Plan zu konzentrieren.

Simone Boehringer

Gründer mit sozial oder ökologisch motivierten Geschäftsideen haben bei Falk Strascheg, 71, einem Pionier der Wagniskapitalbranche, gute Chancen. Sie müssen allerdings oft mit niedrigeren Renditen rechnen, wie seine Erfahrung zeigt. Dem Nachwuchs macht er Mut: "Entrepreneurship ist Handwerk, man kann es lernen."

Investor Falk Strascheg, 2007

Mehrfacher Firmengründer und erfolgreicher Risikokapitalgeber: Investor Falk Strascheg.

(Foto: Stephan Rumpf)

SZ: Herr Strascheg, Sie verfolgen seit 30 Jahren die Gründerszene in Deutschland. Haben sich die Anforderungen an das Unternehmersein gewandelt?

Falk Strascheg: Ja, Gründer müssen heute schneller und besser sein, schon weil das Internet für größere Transparenz sorgt und so die Wettbewerber schneller auf die eigene Fährte bringt. Die inhaltlichen Herausforderungen sind in der globalisierten Welt umfangreicher. Nur der Gründungsprozess, also der formale Weg zur eigenen Firma, ist leichter und weniger bürokratisch heute.

SZ: Was genau macht heute einen guten Unternehmer aus?

Strascheg: Zur guten Geschäftsidee und Erfahrung aus der Industrie müssen Managementfähigkeiten hinzukommen. Der Gründer muss nicht alles selbst können - Finanzen, Marketing, Vertrieb -, aber er muss eine gute Selbsteinschätzung haben und bereit sein, was er nicht kann, an andere im Team zu delegieren.

SZ: Wie können junge Leute erkennen, ob sie zum Unternehmer taugen?

Strascheg: Das ist schwer. Ich denke aber, man kann es lernen. Entrepreneurship ist zum Großteil Handwerk, davon bin ich überzeugt. Deshalb habe ich auch einige Initiativen zur Aus- und Weiterbildung des Unternehmernachwuchses an den Universitäten gestartet.

Das Risiko, zu scheitern, ist da

SZ: Es wird oft moniert, dass sich zu viele begabte junge Leute für eine Konzernkarriere entscheiden statt für die Selbständigkeit. Wie ist das zu ändern?

Strascheg: Es gibt immer Zyklen, die mehr und solche, die weniger Unternehmer hervorbringen. Die letzte Welle haben wir erst bis vor gut zehn Jahren erlebt, im Zuge des New-Economy-Booms. Viele Leute träumten davon, mit einer eigenen Geschäftsidee reich zu werden und gesellschaftliche Anerkennung oder gar Bewunderung zu finden. Das Bild des Unternehmers in der Öffentlichkeit spielt eine sehr große Rolle dabei, ob junge Menschen den riskanten Weg der Selbständigkeit gehen oder den bequemeren ins Angestellten-Dasein.

SZ: Auch viele Angestellte sind wegen kürzerer Kündigungszeiten und variabler Gehälter nicht mehr sicher im Job.

Strascheg: Das stimmt. Aber Selbständige müssen eigenes Kapital einsetzen und riskieren, mit ihrer Idee zu scheitern. Das ist ein deutlich höheres Risiko, als einen angestellten Arbeitsplatz zu verlieren. Ein Misserfolg als Unternehmer führt in Deutschland zudem in der Regel noch immer zu einem großen Gesichtsverlust. Das schreckt junge Menschen ab.

SZ: Oft scheitern Gründer längst vor der Marktreife ihres Produktes oder ihrer Dienstleistung. Gibt es typische Anfängerfehler?

Strascheg: Eine der größten Gefahren ist es, die eigenen Fähigkeiten zu überschätzen. Man muss frühzeitig Mitstreiter einbinden für Bereiche, in denen man selbst nicht die erste Wahl ist. Eine andere Gefahr ist, sich zu verzetteln.

SZ: Wie meinen Sie das konkret?

Strascheg: Viele kleine Unternehmer stehen ja in der Anfangsphase finanziell ähnlich da wie Hartz-IV-Empfänger. Sie versuchen, durch Fleiß und die Umsetzung ihrer Idee nach oben auszubrechen. Finanzielle Durststrecken überbrücken die Gründer oft, indem sie Dienstleistungen oder Aufträge für andere Firmen übernehmen, um sich über Wasser zu halten, bis ihr eigentliches Produkt die Marktreife hat oder sie die ersten lukrativen Aufträge bekommen.

Typische Anfängerfehler

SZ: Welche Tipps haben Sie?

Strascheg: Es gibt meist nur ein kurzes Zeitfenster für jede Geschäftsidee, indem man unbehelligt von der Konkurrenz an der Vermarktung arbeiten kann. Hier sollten sich Gründer auf das Wesentliche konzentrieren und einen ordentlichen Business-Plan entwickeln - nicht nur für Geldgeber, sondern auch als Kontrolle für sich selbst. Dinge, die man aufschreibt, muss man zu Ende denken.

SZ: Wir überbeanspruchen den Planeten seit Jahren. Geschäftsideen rund um ökologische Themen haben an Bedeutung gewonnen. Muss man an sie anders herangehen als an herkömmliche Ideen?

Strascheg: Sie können mit niedrigeren Renditegrößen planen, wenn das Ertragspotenzial nicht so gut ist, dafür aber die ökologischen oder sozialen Aspekte im Vordergrund stehen. Grundsätzlich gilt aber: Wer das Geld anderer Leute investiert, muss eine Rendite erwirtschaften, es sei denn, es ist anders ausgemacht. Was man mit seinem eigenen Geld macht, ist jedem selbst überlassen.

SZ: Mit Bon-Venture haben Sie eine Firma gegründet, die sich auf die Unterstützung sozialer Unternehmungen spezialisiert hat. Verdienen Sie damit Geld?

Strascheg: Bislang nicht, aber dafür kümmern sich die von uns finanzierten Unternehmen um gesellschaftlich relevante Themen wie flexible Kinderbetreuung, Gewaltprävention, Reisen für behinderte Menschen oder auch die Folgenabschätzung der Agrar-Gentechnik. An die zwanzig sinnvolle Projekte, die es vielleicht ohne uns so gar nicht gäbe, das gibt ein gutes Gefühl. Falls wir doch noch Gewinne machen, fließen diese an eine gemeinnützige GmbH.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: