Innovationsexpertin:Blütezeit der Gründerzentren

Innovationsexpertin: Das Thema Entrepreneurship sollte grundsätzlich als wichtige Kompetenz fürs Arbeitsleben wahrgenommen werden, findet Andrea Frank. Es nur in speziellen Studiengängen zu verorten, genüge nicht.

Das Thema Entrepreneurship sollte grundsätzlich als wichtige Kompetenz fürs Arbeitsleben wahrgenommen werden, findet Andrea Frank. Es nur in speziellen Studiengängen zu verorten, genüge nicht.

(Foto: oh)

Viele Hochschulen fördern künftige Firmenlenker auf professionelle Weise, hat Andrea Frank vom Stifterverband beobachtet. Sie hat Vorschläge, was künftig noch besser laufen könnte.

Interview von Benjamin Haerdle

Als Gemeinschaftsinitiative von Unternehmen und Stiftungen berät und vernetzt der Stifterverband ganzheitlich in den Bereichen Wissenschaft, Bildung und Innovation. Er initiiert auch Wettbewerbe und Förderprogramme. Der Verband hat 3000 Mitglieder - zu ihnen gehören Dax-Konzerne, Mittelständler und Unternehmensverbände ebenso wie Stifter und engagierte Privatpersonen. Er ist an den Standorten Berlin, Bonn und Essen vertreten. Andrea Frank ist beim Stifterverband für den Gründungsradar zuständig. Dieser untersucht Gründungsaktivitäten der Hochschulen. Sie beschreibt, wie Letztere dazu beitragen können, dass sich aus einer guten Idee tatsächlich ein innovatives neues Unternehmen entwickelt.

SZ: An den Hochschulen der Bundesrepublik herrscht ein Gründungsboom. Gab es im Jahr 2011 nur 1145 Gründungen aus der Hochschule, waren es fünf Jahre später bereits 1615. Wie erklären Sie sich diesen Anstieg?

Andrea Frank: Es kommen mehrere Faktoren zusammen: Das Thema Innovation spielt aktuell eine sehr große Rolle in der hochschulpolitischen Debatte. Hochschulen haben daher nicht nur ihre Aktivitäten zur Gründungsförderung deutlich ausgebaut; auch die Wissenschaftler selbst sehen in Ausgründungen eine spannende Verwertungsoption ihrer Erfindungen. Außerdem gilt es mittlerweile als eine attraktive Alternative zur festen Anstellung, wenn man sich für ein eigenes Unternehmen entscheidet. Junge Menschen erwarten häufiger als früher mehr von ihrem Job. Sie wollen selbstbestimmter arbeiten und Dinge verändern; ein eigenes Unternehmen ist da eine interessante Option. Und: Bundesweit haben sich zahlreiche Gründerzentren entwickelt, sodass die Gründungsaktivitäten sichtbarer werden.

Welche Rolle spielen die Hochschulen?

Sie sind sehr wichtig, denn sie führen Studierende früh an das Thema heran und sie sensibilisieren Wissenschaftler für die Verwertung von Forschungsergebnissen. Die Erwartung an die Hochschulen, sich hier zu engagieren, ist richtig. Diese Aufgabe haben viele in den vergangenen Jahren auch wahrgenommen.

Inwiefern?

Das Thema Gründungsförderung hat in den Hochschulen sehr an Dynamik gewonnen. War es vor einigen Jahren noch ein Randthema, dem sich nur einzelne Hochschulen verschrieben hatten, ist es jetzt in vielen Hochschulen angekommen. Sie sensibilisieren Studierende durch Veranstaltungen. Sie beraten potenzielle Gründer und unterstützen sie durch eine gründungsfördernde Infrastruktur. Mehr als 1600 Unternehmen wurden 2016 von Wissenschaftlern und Studierenden aus Hochschulen heraus gegründet, mehr als 6500 Gründungsprojekte wurden von Hochschulen betreut.

Was zeichnet Hochschulen aus, die bei Gründungsaktivitäten erfolgreich sind?

Die Hochschulleitung muss sichtbar für das Thema nach außen und nach innen stehen. Diese institutionelle Verankerung gibt es bereits an vielen Hochschulen. Wichtig ist auch die Vernetzung in der jeweiligen Region. Gemeinsam etwa mit der Kommune, der Wirtschaftsförderung oder der Industrie- und Handelskammer treiben erfolgreiche Hochschulen das Thema voran. Die Universität Kassel hat zum Beispiel ein gemeinsames Gründerzentrum mit regionalen Akteuren eröffnet. Da entstehen Synergien und ein attraktives Gründerumfeld. Ein sichtbarer Ort in der Hochschule für Gründer oder die enge Verknüpfung von Forschung, Lehre und Beratung zum Thema Gründungen - so wie etwa im Center for Entrepreneurship an der TU Berlin - sind weitere Erfolgsfaktoren.

Wie wichtig sind Studiengänge zum Thema Entrepreneurship?

Sie helfen, das Thema innerhalb der Hochschule sichtbar zu machen - auch jenseits der Wirtschaftswissenschaften. Und sie sind oft der erste Kontakt der Studierenden mit dem Thema. Erfolgreiche Hochschulen verfolgen das Ziel, jeden Studierenden - ganz unabhängig vom Fach -, mit dem Thema Gründung und Selbständigkeit während des Studiums in Kontakt zu bringen: über Seminare, Planspiele oder Studenteninitiativen.

Was müssen Hochschulen außerdem verbessern?

Sie investieren deutlich mehr in Gründungsförderung als früher. Der Wermutstropfen: Die meisten Mittel stammen aus Förderinitiativen wie etwa dem Exist-Programm des Bundeswirtschaftsministeriums. Diese sind hervorragend, aber zeitlich befristet. Es braucht mehr eigene Ressourcen der Hochschulen, um die Gründungsförderung nachhaltig auszubauen. Zudem sollte Entrepreneurship nicht mehr nur als eine wichtige Kompetenz im Bereich der Gründung gesehen werden, sondern generell als wichtige Kompetenz für das Arbeitsleben: als Entrepreneur und damit als Gründer eines eigenen Unternehmens oder als Intrapreneur, als jemand, der innerhalb von Unternehmen oder öffentlichen Organisationen innovative Ideen entwickelt und unternehmerisch denkt und handelt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: