Iglu-Schulstudie:Südländer liegen vorn

Grundschüler aus Bayern, Baden-Württemberg und Hessen lesen am besten.

Von Jost Maurin

Berlin - Schüler in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen können am Ende der vierten Klasse besser als der deutsche Durchschnitt lesen. Dagegen liegen Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und vor allem Bremen zum Teil weit unter dem Mittel. Das geht aus dem Bundesländer-Vergleich der Internationalen Grundschul-Leseuntersuchung (Iglu) hervor, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

Ähnlich sind die Ergebnisse eines Zusatztests in Rechtschreibung, Naturwissenschaften und Mathematik. Die Studie belegt auch, dass Kinder aus Zuwandererfamilien bedeutend schlechter abschneiden. Weiterhin spielt laut Iglu bei der Schullaufbahnempfehlung nicht nur Leistung, sondern auch die soziale Herkunft eine erhebliche Rolle. Bremens Bildungssenator Willi Lemke (SPD) bezeichnete die Werte für den Stadtstaat als "äußerst deprimierend". Die Ranglisten berücksichtigen allerdings mangels Beteiligung oder einheitlicher Messmethode nur sechs Bundesländer.

In Brandenburg und Bremen ist der Anteil der Kinder, die beim Iglu-Test angegebene Sachverhalte nicht aus einer Text-Passage erschließen konnten, mehr als doppelt so hoch wie in den Vergleichsländern. Bundesweit gehörten 10,3 Prozent der Schüler zu dieser "Risikogruppe", sagte Untersuchungsleiter Wilfried Bos. Bremen liege hier mit rund 21 Prozent weit zurück, während der Anteil in Bayern nur 7,4 Prozent betrage. Mit dem hohen Ausländeranteil könnten die Bremer das kaum erklären. Auch wenn man die Migranten aus der Analyse herausrechnete, "würde sich an der Rangordnung nichts ändern", erklärte der Erziehungswissenschaftler.

Beim Rechtschreib-Test diktierten die Forscher den Kindern 40 Wörter. Die bayerischen Schüler schrieben Bos zufolge 27,5 richtig, die Bremer nur 19,5. Auch in der Mathematik-Stichprobe bildete der Stadtstaat das Schlusslicht. Baden-Württemberg dagegen wurde von keinem anderen europäischen Land überboten. Bei den Naturwissenschaften übertrafen nur Korea und Japan die deutschen Testsieger Baden-Württemberg und Bayern. Auch hier war Bremen das schlechteste deutsche Bundesland.

"Ein Gerechtigkeitsproblem"

Bos berichtete, dass Schüler mit im Ausland aufgewachsenen oder sozial schwachen Eltern in allen Tests "signifikant" schlechter abschnitten. So bekämen Kinder mit deutscher Herkunft mit 4,69-mal höherer Wahrscheinlichkeit eine Empfehlung für das Gymnasium als Migrantenkinder. Schüler aus Familien der oberen sozialen Schichten seien ihren ärmeren Klassenkameraden am Ende der Grundschule leistungsmäßig um knapp ein Jahr voraus. Bedeutende Unterschiede zwischen den Bundesländern gibt es der Studie zufolge hier nicht.

Besondere Mängel deckt Iglu bei der Schulartempfehlung nach der vierten Klasse auf. "Eine Reihe von Kindern, bei denen die Lesefähigkeit getestet wurde, könnte gut eine Gymnasialempfehlung bekommen, erhält aber nur die Empfehlung für die Hauptschule", kritisierte Bos. Die Tochter der türkischen Putzfrau habe es trotz guter Leistungen deutlich schwerer, eine Gymnasialempfehlung zu erhalten als der Chefarzt-Sohn, der nur mittlere Leistungen bringe.

"Wir haben ein großes Gerechtigkeitsproblem bei Noten und Schulempfehlung", sagte Baden-Württembergs Kultusministerin Annette Schavan. "Wer ein gegliedertes Schulsystem hat, muss für Durchlässigkeit sorgen", forderte die CDU-Politikerin. Sie wies darauf hin, dass in ihrem Land jedes dritte Abitur an beruflichen Gymnasien absolviert würde. Diese nehmen vor allem Realschüler auf. Solche Modelle seien erfolgversprechender, als die Debatte über die Gesamtschule fortzuführen, erklärte Iglu-Chef Bos. Wenn der Unterricht nicht geändert würde, wären die Ergebnisse auch ohne das gegliederte System schlecht.

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