Hochschulen:Die Advents-Uni

Lerne und staune: In der Vorweihnachtszeit stellen Hochschulen digitale Adventskalender auf ihre Webseiten. Statt Schokolade gibt es Mathe-Aufgaben, wissenschaftliche Exkurse - und auch Musik.

Nicola Holzapfel

Tage lang waren Maria und Joseph unterwegs, um von Nazareth nach Betlehem zu kommen. Heute würden sie dafür mit dem Auto gerade mal zwei Stunden brauchen, schreibt der Verkehrswissenschaftler Bernhard Friedrich im digitalen Adventskalender der Hochschule Hannover. Seine Gedanken zur Mobilität stecken hinter dem Türchen Nummer 19. An den Tagen zuvor konnten sich die Leser bereits über die Qualitätsmerkmale von Christstollen (vorgetragen von einem Lebensmittelwissenschaftler), das perfekte Geschenk unter Marketing-Gesichtspunkten und Weihnachtsdepressionen informieren.

Advents-Kalender, Mathekalender, TU Berlin
(Foto: Foto: TU Berlin / Matheon, mathekalender.de)

Die Hochschule Hannover bietet zum zweiten Mal einen Weihnachtskalender an. Auf dem Markt der universitären Adventsüberraschungen ist sie ein junger Konkurrent. Die Ruhr-Universität Bochum setzt die Idee nun schon im vierten Jahr um. "Wir waren die ersten, die einen akademischen Adventskalender angeboten haben", sagt Josef König, Sprecher der Ruhr-Uni. Er betont, dass die Hochschule auch so ihrer Aufgaben nachkommt, Wissen zu verbreiten.

Auch an seiner Uni drehte sich in den ersten beiden Jahren des Kalenders alles um das Weihnachtsthema: So beschrieb ein Bauingenieur, wie man Krippen baut und ein Sozialwissenschaftler erklärte, warum es so oft Streit an Weihnachten gibt. Doch inzwischen lautet das Motto: "Was wussten die Menschen vor 2000 Jahren?". Die Beiträge handeln vom Essen (mit Kochrezept für "Zucchini alexandrinisch"), von der Liebe im alten Rom und vom Altwerden. Wenn die Professoren zu wissenschaftlich schreiben, ändern die Kalender-Verantwortlichen auch schon mal den Text.

Einen ganz anderen Kalender bietet die Technische Universität Berlin an. Tag für Tag gibt es eine Mathe-Aufgabe. Neben der richtigen Lösung zählt auch die Zeit, die dafür gebraucht wurde. Mehr als 9000 Hobby-Mathematiker haben sich dieses Jahr schon angemeldet und rechnen regelmäßig mit. Immerhin gibt es als Hauptpreis einen Laptop zu gewinnen.

Zielgruppe sind in erster Linie Schüler der Klassen 10 bis 13, aber auch Erwachsene dürfen mitmachen. "Wir wollen darauf aufmerksam machen, wie wichtig Mathematik heutzutage ist", sagt Katja Biermann vom Forschungszentrum Matheon, das den Kalender organisiert. Die Aufgaben haben alle einen Bezug zur Praxis. Gefragt wird zum Beispiel nach der Wahrscheinlichkeit beim Wichteln sein eigenes Geschenk zu erwischen, auch die Auslosung der Fußballweltmeisterschaft wurde zum Rechenexempel. Vergangenes Jahr hat sogar eine Sechst-Klässlerin mitgerechnet - und überdurchschnittlich abgeschnitten.

Auch die Musikhochschulen beginnen, sich mittels Adventskalender zu präsentieren. Die Musikhochschule Stuttgart hat dieses Jahr erstmals einen Kalender zum Hören ins Netz gestellt. Jeden Tag gibt es eine andere Hörprobe der Arbeiten der Musikstudenten, mal Bach, mal Ravel.

Die Hochschulen sind mit der Resonanz auf ihre Kalender zufrieden. Der Pionier, die Ruhr-Uni in Bochum, hat täglich bis zu 5000 Zugriffe auf ihren Kalender. In den Anfangsjahren waren es noch mehr, aber durch die zunehmende Konkurrenz teilt sich das Interesse eben auf, nimmt man bei der Uni an. Aufmunternd sind auch die Dankes-Mails der Leser. "Das bestärkt uns weiterzumachen" sagt Josef König von der Uni-Bochum. Nächstes Jahr soll es wieder ein neues Konzept geben.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: