Hochschule lässt Studenten coachen:Nachhilfe aus der Praxis

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Als erste ihrer Art kooperiert die Mannheim Business School mit einer internationalen Personalberatung. Was in Amerika und England gang und gäbe ist, soll die Jobchancen der Absolventen verbessern - und hat noch einen ungeahnten Nebeneffekt.

Christine Demmer

Mit intelligenten und ehrgeizigen Menschen, die sich und die Wirtschaft nach vorn bringen wollen, redet Hubertus Graf Douglas gern. Besonders aufgeschlossen zeigt sich der bald 60 Jahre alte Personalberater gegenüber Gutverdienern ab etwa 150.000 Euro Jahresgehalt. Weil das entweder Kunden oder mögliche Mitarbeiter eines Kunden oder Zuträger zu einem potenziellen Kunden sein könnten. Und alle drei Zielgruppen liegen dem Deutschland-Chef der weltgrößten Executive Search Gesellschaft Korn Ferry geschäftlich sehr am Herzen.

In diesem Jahr ist eine weitere Gruppe hinzugekommen, deren Einkommen den Austausch von Visitenkarten eigentlich noch nicht rechtfertigt: Etwa 50 Studenten im MBA-Vollzeitprogramm der Mannheim Business School (MBS). Fürsorglich werden die jungen Männer und Frauen von Korn-Ferry-Consultants zum Start ihrer Karriere begleitet, interviewt, gecoacht und mit Themen für ihre Master-Arbeit versorgt.

Um vorschnelle Schlussfolgerungen im Keim zu ersticken: Das Ziel der demnächst zur Verlängerung anstehenden Partnerschaft, so wird beteuert, sei nicht das frühzeitige Ausspähen begabter Nachwuchskräfte, sondern das Befördern der Wissenschaft zwischen den im Spitzensegment des Arbeitsmarktes tätigen Headhuntern und der im Spitzensegment der Managerausbildung tätigen Business School. Ein Schelm, wer angesichts des künftig drohenden Fachkräftemangels in den Führungsetagen auf andere Gedanken käme.

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Korn Ferry will Forschungsprojekte der Business School begleiten, "in denen wir unser Know-how einbringen können", versichert Graf Douglas. Neben dem Executive Search gehe Korn Ferry dem Talentmanagement nach, "ein stark wachsender Teil der Tätigkeit", und dort liege auch der Fokus der Zusammenarbeit. Deutlich zeigt Douglas die Grenzen der Kooperation: "Als potenzielle Kandidaten für unser Executive-Search-Geschäft sind die Absolventen der Business School noch nicht erfahren genug." Nun, eines Tages werden sie es sein. Vorsorglich und als bisher einzige Personalberatung hat sich Korn Ferry einen Sitz im illustren Partnerkreis der Hochschule gesichert.

Angebandelt wurde die Partnerschaft allerdings nicht von den Headhuntern, sondern von der Mannheim Business School. "Wir wollten einen starken Partner, der sich in der Führungskräfteentwicklung auskennt", erklärt Daphné Schalbetter, Leiterin Firmenprogramme und Unternehmensbeziehungen. Warum? "Die Beratung kann unseren Studierenden Tipps geben, wohin die sich entwickeln müssen, um in eine höhere Führungsposition hineinzuwachsen." Ein paar Dutzend MBA-Studenten wurden schon mit Blick auf ihre berufliche Zukunft gebrieft. "Korn Ferry präsentiert sich, testet das Führungspotenzial der Studierenden und zeigt ihnen Entwicklungsmöglichkeiten auf", beschreibt Schalbetter den Mehrwert für die Studenten, "anschließend bekommen sie ein persönliches Gespräch mit einem Personalberater."

Unter Umständen ergeben sich daraus Anknüpfungspunkte für die weitere wissenschaftliche Betreuung. "Eine fünfköpfige Studentengruppe hat unter Betreuung eines Fakultätsmitglieds in den vergangenen drei Monaten ein Firmenprojekt durchgeführt", berichtet Schalbetter weiter. "Darüber schreiben die Studenten dann ihre Abschlussarbeit." Keinesfalls seien die Studenten Aushilfskräfte für die Beratung, das simple Abarbeiten von Telefonlisten komme für beide Partner nicht infrage. "Die Themen für die Masterarbeiten werden gemeinsam festgelegt. Sie müssen neu sein und wissenschaftlichen Ansprüchen genügen."

MBS-Student Amir Poorvash begrüßt die Anreicherung der Lehre. Zum einen zeige sie, so der 33 Jahre alte angehende Wirtschaftsmeister, dass die Wirtschaft die Potenziale der Mannheimer Studenten erkannt habe. Zum anderen habe ihm das Feedback-Gespräch viel gegeben. Er hat es sogar aufgezeichnet. Die Kooperation mit der MBS ist nicht die erste von Korn Ferry. "Seit vielen Jahren arbeiten wir mit zwei von drei der Top-20-Schulen in den USA zusammen", bestätigt Deutschland-Chef Douglas. In Amerika und England ist es gang und gäbe, dass die großen Personalberatungen mit den Business Schools zusammenarbeiten, gemeinsame Projekte durchführen, Studenten zu Praktika ("Internships") einladen und wissenschaftliche Publikationen erstellen.

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Auch andere private Wirtschaftshochschulen in Deutschland arbeiten auf Zeit oder projektbezogen mit Personalberatern zusammen. Eine exklusive Partnerschaft jedoch, die anderen Headhuntern den Zugang zum Campus verwehrt, ist hierzulande neu. "Wir wollen uns nicht verzetteln", begründet Douglas dies, "sondern einen echten Beitrag leisten."

Auch Daphné Schalbetter von der MBS sieht Sinn darin: "Das verringert unseren Aufwand", sagt sie, "denn in dieser Intensität wäre es nicht möglich, mit mehreren Partnern zu kooperieren." Schade eigentlich. Die geplante stärkere Präsenz in den Hörsälen und die Zusammenarbeit in der Wissenschaft hat sich Korn Ferry eine Spende in ungenannter Höhe kosten lassen.

Ilker Özsoy, Personalberater in Frankfurt, erinnert das an ein Geschäftsmodell, das er schon vor 15 Jahren in den USA kennengelernt hat. Damals gab es noch keine MBA-Programme in Deutschland, durchaus aber Bedarf an Absolventen. Mithilfe der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer sowie transatlantisch tätiger Wirtschaftsklubs lockte der Headhunter deutsche MBA-Absolventen von amerikanischen Topschulen wie Princeton, Wharton oder Thunderbird an deutsche Unternehmen. "Einige Firmen waren ganz wild nach denen", sagt Özsoy, "andere haben verständnislos gefragt: Wofür brauchen wir die? Offenbar haben sie jetzt den Wert des MBA-Abschlusses verstanden."

© SZ vom 11.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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