Grundsatzurteile für Arbeitslose:Abzug für alle

Für die Berechnung der Höhe des Arbeitslosengelds darf das Arbeitsamt auch bei Konfessionslosen Kirchensteuer abziehen.

Von Daniela Kuhr

Auch wenn ein Arbeitsloser keiner Konfession angehört, muss er bei der Berechnung des Arbeitslosengelds den pauschalierten Abzug der Kirchensteuer hinnehmen. Das hat das Landessozialgericht Berlin am Freitag in einer Grundsatzentscheidung entschieden (Aktenzeichen: L 4 AL 45/03). Die Entscheidung ist nach Angaben eines Gerichtssprechers noch nicht rechtskräftig.

Bei der Berechnung des Arbeitslosengelds wird das vorherige Bruttoeinkommen des Arbeitslosen um Abzüge vermindert, die beim "Durchschnittsarbeitnehmer" anfallen. Das Arbeitslosengeld beträgt 60 Prozent des auf diese Weise ermittelten Betrags. Nach dem noch bis Ende diesen Jahres geltenden Gesetz wird dabei auch pauschal Kirchensteuer abgezogen.

Dagegen hatte sich der Kläger in dem jetzt entschiedenen Verfahren gewendet, da er keiner Konfesssion angehörte - erfolglos. Das Landessozialgericht entschied, dass der pauschale Abzug der Kirchensteuer den Kläger nicht in seiner Religionsfreiheit verletze und auch sonst nicht willkürlich sei, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts vom Montag.

Da etwa im Jahr 2002 noch 54,4 Prozent aller Arbeitnehmer Kirchensteuer entrichtet hätten, dürfe diese bei der Berechnung des Arbeitslosengelds berücksichtigt werden - unabhängig davon, ob sie im Einzelfall tatsächlich gezahlt wurde. Gleichzeitig weist das Gericht darauf hin, dass vom kommenden Jahr an neue Regeln gelten: Da der Prozentsatz der Kirchensteuerzahler kontinuierlich sinke, habe der Gesetzgeber im Rahmen des Gesetzespakets "Hartz III" die Kirchensteuer aus der pauschalen Berechnung herausgenommen.

Versicherungsbeiträge bei Bedürftigkeit

In einer zweiten Entscheidung befasste sich das Landessozialgericht mit der Prüfung der Bedürftigkeit im Rahmen der Arbeitslosenhilfe. Im Gegensatz zum Arbeitslosengeld, wo die Höhe der Leistung vom vorherigen Einkommen des Arbeitslosen abhängt, berücksichtigt die Arbeitslosenhilfe auch die individuelle Vermögenssituation des Betroffenen. Je nachdem, wie bedürftig er danach ist, fällt sein Anspruch unterschiedlich hoch aus.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte sich der Kläger dagegen gewandt, dass er bei der Berechnung seiner Bedürftigkeit Beiträge zu privaten Versicherungen nur in Höhe von drei Prozent des Eheeinkommens absetzen darf. Der deutsche Durchschnittshaushalt gebe mehr als sechs Prozent seines Nettoeinkommens für private Versicherungen aus.

Nachdem er in der ersten Instanz erfolgreich war, hob nun das Landessozialgericht die Entscheidung auf. Die Richter stellten nicht auf den Durchschnittshaushalt mit mittlerem Einkommen ab, sondern auf den "durchschnittlichen Bezieher von Arbeitslosenhilfe". Und dieser gebe gemeinsam mit dem Ehepartner "tatsächlich etwa drei Prozent des Bruttoeinkommens für Versicherungsbeiträge" aus (Aktenzeichen: L 10 AL 79/02).

Das Urteil ist ebenfalls noch nicht rechtskräftig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das Gericht die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

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