Geringes Gehalt:Professor zweiter Klasse klagt in Karlsruhe

Ein Marburger Chemieprofessor fordert vorm Bundesverfassungsgericht ein höheres Gehalt ein - er hält die seit einigen Jahren geltende Regelung mit einem Grundgehalt von unter 4000 Euro und Leistungszulagen von etwa 24 Euro nicht für angemessen. Ist das bloße Raffgier?

Von Wolfgang Janisch

Zum Klischee des Professorenberufs gehört, dass sich dort die Sicherheit des unkündbaren Beamtendaseins auf glückliche Weise mit der Befriedigung verbindet, die ein ausgefülltes Leben als Forscher und Lehrer bieten kann. Ein wunderbarer Beruf also, noch dazu, weil man gutes Geld verdient.

Bundesverfassungsgericht verhandelt ueber 'W-Besoldung' von Professoren

Was ist "amtsangemessen"? Chemieprofessor Bernhard Roling (r.) klagt in Karlsruhe gegen die neue Besoldung.

(Foto: dapd)

An diesem Dienstag verhandelt das Bundesverfassungsgericht nun über die Klage eines Beamten, und es wird das Wunschbild vom auskömmlichen Professorenleben ein wenig erschüttern, dass der Kläger keineswegs ein schichtdienstgeplagter Wachtmeister ist. Es geht vielmehr um einen Hochschullehrer für Chemie der Uni Marburg, mit Semesterferien und Pensionsanspruch.

Und der will mehr Geld. Wer hinter dieser Klage bloße Raffgier vermutet, wird beim ersten Blick auf die Zahlen erstaunt sein. Der Chemiker Bernhard Roling war 2005 zum Professor berufen worden - mit einem Grundgehalt von unter 4000 Euro im Monat, zuzüglich einer Leistungszulage von 23,72 Euro.

Schuld daran ist die seit 2005 geltende W-Besoldung für Professoren. Sie hat die frühere C-Besoldung abgelöst: Der unaufhaltsame Aufstieg über die Stufen des Dienstalters wurde beendet, stattdessen wurden Leistungszulagen eingeführt - auf der Basis eines deutlich abgesenkten Grundgehalts. Und da beginnt das verfassungsrechtliche Problem.

Denn der Staat ist verpflichtet, seine Beamten "amtsangemessen" zu besolden. Und dafür ist das Grundgehalt maßgeblich - da ist sich das Verwaltungsgericht Gießen sicher, das den Fall dem Karlsruher Gericht vorgelegt hat. Nun mag man trefflich darüber streiten, was diesem oder jenem Amt "angemessen" ist; dafür sind etwa die Länge der notwendigen Ausbildung, das Maß der Verantwortung, womöglich sogar das "Ansehen des Amtes in der Gesellschaft" maßgeblich, wie ein Kommentator schreibt.

Weniger Geld als der Oberstudienrat

Dass aber die Eingangsstufe einer W-2-Professur zu niedrig ist, das lässt sich aus Sicht des Deutschen Hochschulverbandes (DHV) - der die Klage initiiert hat - an einem einfachen Beispiel belegen. Ein Professor wird im Schnitt erstmals im Alter von fast 42 Jahren berufen; mit W2 bekommt er in Berlin 4000, in Baden-Württemberg knapp 4600 Euro.

Ein Oberstudienrat mit zwölf Dienstjahren - also etwa im selben Lebensalter - verdient rund 4350 Euro. Womit mancher Professor weniger erhält als der Lehrer, den er ausgebildet hat. Wie sich die Gehälter in der universitären Wirklichkeit entwickelt haben, das kann allerdings auch der DHV nicht sagen. Geschäftsführer Michael Hartmer geht davon aus, dass 15 bis 20 Prozent mit dem Grundgehalt in den Beruf einsteigen.

Wer dann Leistungszulagen erhalte, entscheide sich oft genug auf der Grundlage eines merkwürdigen Wettbewerbs - vor allem um die Einwerbung von Drittmitteln. Nach Hartmers Auskunft werden sogar Zielvereinbarungen abgeschlossen: Wer soundsoviel Drittmittel einwirbt, bekommt die Zulage.

Wenn der Zweite Senat in einigen Monaten sein Urteil geschrieben hat, wird darin ein Begriff zu lesen sein: der weite Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers in Fragen der Beamtenbesoldung. Eine Prognose dürfte gleichwohl verfrüht sein. Denn im Senat sitzen vier ordentliche und zwei Honorar-Professoren - die Sensibilität für Besoldungsfragen ist berufsbedingt.

Außerdem ist Karlsruhe die einzige Adresse, die Ungerechtigkeiten beim Beamtensold korrigieren kann. Denn so privilegiert ein Professor sein mag, eines darf er nicht: für mehr Geld streiken.

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