Gepflogenheiten in der chinesischen Geschäftswelt:Immer schön flexibel sein

Deutsche sind in China geschätzte Mitarbeiter - aber gerade das Alltagsleben hält so manches Fettnäpfchen für die westlichen Experten bereit. Die interkulturelle Trainerin Yamei Li hat eine Reihe guter Tipps parat für all jene, die ins Reich der Mitte gehen.

Svaantje Schröder

"Das Leben meistert man lächelnd - oder gar nicht." Dieses chinesische Sprichwort sollten deutsche Arbeitnehmer verinnerlichen, wenn sie beruflich im Reich der Mitte zu tun haben. Yamei Li hat in Shanghai Germanistik studiert und bereitet am Institut für Interkulturelles Management (IFIM) in Rheinbreitbach deutsche Geschäftsleute auf einen Einsatz in China vor.

SZ: Anfang der neunziger Jahre kamen Sie nach Deutschland. Was hat Sie an den Deutschen zuerst befremdet?

Li: In China ist es ein Ausdruck des Respekts, ältere Menschen mit "Oma" oder "Opa" anzusprechen. In Deutschland sind die Menschen eher beleidigt, wenn man sie so bezeichnet. Bei einer befreundeten Familie bin ich einmal in dieses Fettnäpfchen getreten und habe das älteste Familienmitglied ganz selbstverständlich "Oma" genannt.

SZ: Welches Bild von deutschen Mitarbeitern haben chinesische Chefs?

Li: Im Großen und Ganzen ein sehr gutes Bild. Deutsche gelten unter Chinesen als ausgesprochen detailversessen und ordentlich. Da viele deutsche Arbeitnehmer allerdings immer streng nach Plan arbeiten, haben sie leider auch den Ruf, unflexibel zu sein.

SZ: Nehmen chinesische Chefs tatsächlich keine Kritik von Mitarbeitern an?

Li: Im Westen gilt: Wer erfolgreich sein will, darf kein Ja-Sager sein. Er muss querdenken und sich durch seine Fachkompetenz profilieren. Der Deutsche versteht sich als Teil eines Teams und schätzt den kritischen Dialog. In China ist Kritik eher ungewöhnlich und eng mit den Hierarchien verbunden, die im Unternehmen eine große Rolle spielen. Kritik sollte man generell nur im Gespräch unter vier Augen anbringen.

SZ: Welche interkulturellen Fehltritte kann man bei einem deutsch-chinesischen Geschäftsessen begehen?

Li: Der Gast sollte sich seiner passiven Rolle bewusst sein. Das heißt: Er wartet grundsätzlich, bis der Gastgeber ihm etwas auf den Teller legt oder ihn nach seinen Wünschen fragt. In Deutschland heißt es dagegen: Bedienen Sie sich! Das ist keine Floskel, sondern es wird erwartet, dass der Gast selbst aktiv wird. Auch die Sitzordnung ist in China wichtig: Die hochrangigsten Gäste dürfen nie in der Nähe der Tür sitzen. Besser ist es, sie vor einer dekorativen Wand zu platzieren.

SZ: In Deutschland wird bei Geschäftsessen eher wenig Alkohol getrunken.

Li: Das ist zwar auch in China von Region zu Region anders, aber bei den meisten Geschäftsessen fließt Schnaps.

SZ: Damit das Lächeln nicht so schwerfällt?

Li: Das haben die Chinesen gar nicht nötig. Ihre positive Lebenseinstellung macht sie von Grund auf zu fröhlichen Menschen. Dass Chinesen so viel lächeln, ist keine aufgesetzte Angewohnheit, sondern meist ganz natürlich.

SZ: Sie trainieren Deutsche unter anderem für Führungspositionen in China. Was geben Sie ihnen mit auf den Weg?

Li: Für deutsche Expats ist es wichtig zu wissen, dass sie in China nicht mehr als westliche Experten vergöttert werden. In den vergangenen zehn bis 20 Jahren hat sich die Qualifikation der Chinesen deutlich verbessert. Sie studieren und arbeiten im Ausland und kommen sehr selbstbewusst nach China zurück. So selbstsicher treten sie dann auch westlichen Mitarbeitern gegenüber auf. Daher sollte man sich mit der Veränderung auseinandersetzen und auf seine Aufgaben in China gut vorbereitet sein.

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