Gekündigte Kassiererin:Fall Emmely, nächster Akt

Das juristische Tauziehen um die Kündigung der Kassiererin Emmely geht weiter: Das Bundesarbeitsgericht lässt die Revision zu. Außerdem prüft die Staatsanwaltschaft, ob gegen sie ein Verfahren eingeleitet wird.

Der Fall der gekündigten Berliner Supermarkt-Kassiererin "Emmely" geht in die nächste Instanz. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt ließ am Dienstag die Revision zu.

Gekündigte Kassiererin: Barbara E. alias Emmely: Lehnen die Richter eine Revision ab, hat die Berlinerin einen weiteren Kampf gegen ihre Kündigung verloren.

Barbara E. alias Emmely: Lehnen die Richter eine Revision ab, hat die Berlinerin einen weiteren Kampf gegen ihre Kündigung verloren.

(Foto: Foto: ddp)

Der unter ihrem Spitznamen "Emmely" bundesweit bekannt gewordenen Berlinerin war nach 31 Jahren Betriebszugehörigkeit fristlos gekündigt worden, weil sie zwei Pfandmarken im Wert von 1,30 Euro unterschlagen haben soll.

Ermittlungsverfahren wird geprüft

Das Landesarbeitsgericht hatte am 24. Februar 2009 eine Kündigungsschutzklage der Frau abgewiesen und gleichzeitig eine Revision gegen dieses Urteil für unzulässig erklärt. Die 7. Kammer begründete ihre Entscheidung damit, dass mit dem Diebstahl der zwei Leergutbons zu 0,48 Cent und 0,82 Cent das Vertrauensverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Kassierin nicht mehr gegeben sei.

Gerade bei einer Kassiererin müsse Redlichkeit vorausgesetzt werden. Weiter hieß es, die vom Konzern praktizierte Verdachtskündigung sei wegen objektiver Tatsachen gerechtfertigt.

Emmely war gegen die Verdachtskündigung vorgegangen. Sie unterlag jedoch bereits im August 2008 in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Berlin, das ebenfalls eine Kündigungsschutzklage abwies.

Die Berliner Staatsanwaltschaft prüft derzeit, ob gegen Emmely ein Ermittlungsverfahren wegen des Vortäuschens einer Straftat eingeleitet wird. Die Kassiererin soll vor Gericht mutmaßlich falsch ausgesagt und ehemalige Kollegen zu unrecht belastet haben, hieß es.

Das ursprüngliche Urteil hatte für harsche Reaktionen in der Politik gesorgt: "Das ist ein barbarisches Urteil von asozialer Qualität", hatte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse in einer ersten Reaktion erklärt. Später bedauerte die Schärfe seiner Urteilsschelte, betonte aber, er empfinde das Urteil als unverhältnismäßig: "Das muss einen normalen, sozial empfindenden Menschen empören.

Protestaktionen und Kaufboykotte

Dagegen betonte der Präsident des Deutschen Anwaltvereins, Hartmut Kilger, Unterschlagung sei keine Nichtigkeit. Es sei durchaus sachgerecht, zwischen dem Wert der Sache und dem Vertrauensbruch zu unterscheiden.

Der DGB kritisierte, dass eine normale Arbeitnehmerin die volle Wucht des Gesetzes treffe, während sich Topmanager in ihren Arbeitsverträgen dagegen absicherten, für Missmanagement oder gar Konkurs haftbar gemacht zu werden.

Auch ein Komitee "Solidarität mit Emmely" aus Gewerkschaftern und politischen Gruppierungen hatte damals zu Protestaktionen und Kaufboykotten aufgerufen. Ihre Vermutung: Mit der Maßnahme sollte eine engagierte Gewerkschafterin kalt gestellt werden. Ende 2007 hatte "Emmely" als angeblich letzte Kollegin ihrer Filiale an einem Streik im Einzelhandel teilgenommen.

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