Geheimdienst MI6 wird 100:Risotto in Transeuratania

Der britische Geheimdienst MI6 feiert Jubiläum - und sucht noch immer gute Agenten. Per Online-Test sollen Bewerber herausfinden, ob sie das Zeug zum Bond-Nachfolger haben.

Wolfgang Koydl

James Bond hatte diese Probleme nicht. Der wusste immer sofort, was ihm schmeckte. Martini selbstverständlich, geschüttelt, nicht gerührt. Und natürlich Champagner edelster Provenienz. Aber ich sitze nun hier und zerbreche mir den Kopf. Esse ich nun lieber Lamm, Ente a l'orange oder ein Pilzrisotto? Persönlich mache ich mir ja nicht viel aus Pilzen, aber ich werde als Geheimagent gefragt, der sich ein fremdes Leben übergestreift hat wie einen kneifenden Pullover. Passen Pilze zu meiner Legende, zu meiner Deckgeschichte?

Geheimdienst MI6 wird 100: Sie wollen seinen Job? Dann testen Sie, ob Sie das Zeug haben, der neue James Bond zu werden. Unser Autor hat es getan.

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(Foto: Foto: dpa)

Das heißt, zum Kopfzerbrechen ist eigentlich gar nicht so viel Zeit. Unten auf dem Bildschirm ticken rasend schnell die Sekunden weg. Zehn waren es am Anfang, jetzt sind es nur noch sieben, sechs, fünf. Geistige Wendigkeit unter Druck ist ja schließlich gefragt, zusätzlich zu einem gutem Gedächtnis und vernünftigem Denken. Drei, zwei... Risotto, doch Risotto, ganz sicher. Irgendwo war die Rede von einem vegetarischen Lebensstil gewesen. Geschafft. Nächste Frage.

Aus acht Fragen besteht der Test, mit dem die Briten online herausfinden können, ob sie das Zeug dazu haben, im Auftrag Ihrer Majestät als sogenannte operational officers Vaterland und Krone zu verteidigen. Das ist die edle Umschreibung für einen Spion. Wer sich auf der Website des britischen Secret Intelligence Service nur für einen Job in der Verwaltung interessiert, braucht offensichtlich keine geistige Wendigkeit unter Druck. Jedenfalls gibt es keinen Online-Test für potentielle Buchhalter.

Man sollte die Prüfung nicht allzu ernst nehmen, hatte es beruhigend geheißen, bevor ich zwei Minuten Zeit hatte, mir meinen falschen Lebenslauf einzuprägen, mit dem ich zum Einsatz in das fiktive Land Transeuratania entsandt werde. Das Ergebnis hätte auch keinen Einfluss auf eine eventuelle künftige Bewerbung, versicherte MI6. Aber einen kleinen Vorgeschmack sollte der Test doch geben auf die "Herausforderungen, mit denen Sie eines Tages vielleicht konfrontiert werden". Zu denen gehört offensichtlich die Kenntnis, ob man in Transeuratania mit Rubel, Zloty oder Schillingen bezahlt. So lautet jedenfalls die zweite Frage.

"Im richtigen Leben wäre das nicht gut genug"

Ich heiße Stephanie Johnson und bin in Skegness geboren. Oder war es Johnston? Verflixt, ich hatte nicht aufgepasst. Was würde ich machen, wenn mich jetzt ein transeuratanisches Gegenüber lauernd und diabolisch lächelnd bitten würde, ihm doch freundlicherweise meinen Namen zu buchstabieren? Und was habe ich gleich nochmal studiert? Geographie oder Geologie? Das klingt frappant ähnlich. Vielleicht hätte ich bei der Lektüre meiner Vita nicht nur auf die ersten drei Buchstaben achten sollen.

So, fertig. Sechs richtige Antworten, von acht Fragen. Das kann sich doch sehen lassen - oder? Wo geht's jetzt zum Bewerbungsformular? Aber halt. Es scheint, dass ich nicht gut genug bin. "Könnte besser sein", steht da lapidar, "und im richtigen Leben wäre das nicht gut genug." Das soll wahrscheinlich heißen, dass man mich im Ernstfall enttarnt, in ein Verließ verschleppt und auf grausame Art und Weise gefoltert hätte. Und nur, weil ich mich nicht an den Namen meines Bruders erinnere.

Sieben Richtige - "nicht schlecht"

Ich versuche es noch einmal. Diesmal sind es sieben Richtige. Offenbar heißt mein Bruder doch nicht John. "Nicht schlecht", heißt es in der Auswertung mit britischem Understatement, "not bad at all. Sie könnten (und im Moment ist es nur ein ,könnten') einige der Fähigkeiten haben, die wir brauchen". Und dann öffnet sich - spaltbreit - die Tür: "Vielleicht möchten Sie sich bewerben?" Das verlangt nach einem Drink.

Geschüttelt, nicht gerührt.

Sie wollen es selbst versuchen? Hier gehts zum offiziellen MI6-Test.

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