Gehaltsunterschiede:"Aufstampfen, mehr verlangen"

Frauen verdienen ein Viertel weniger als Männer. Expertin Christina Klenner erklärt, was Arbeitnehmerinnen falsch machen und wie sie besser verhandeln.

Martina Farmbauer

Christina Klenner, 53, ist Referatsleiterin für Frauen- und Geschlechterforschung am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Frauen-Erwerbstätigkeit und die Gleichstellung von Männern und Frauen.

Christina Klenner

Geschlechterforscherin Christina Klenner: "Eine jahrhundertelange Abwertung des Weiblichen".

(Foto: Foto: oH)

SZ: Worauf führen Sie es zurück, dass Frauen in denselben Berufen noch immer weniger verdienen als Männer?

Christina Klenner: Es gibt zwei Ursachen. Die eine liegt in der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung: Frauen nehmen in ihrem Erwerbsverhalten mehr Rücksicht auf den häuslichen Bereich als Männer.

SZ: Sie setzen im Beruf aus, und wenn sie arbeiten, dann nur in Teilzeit . . .

Klenner: . . . und das hat schwerwiegende Auswirkungen auf das Einkommen - zum Nachteil der Frauen. Weitere Gründe für die Gehaltsunterschiede sind auf einer kulturellen und somit auch historisch gewachsenen Ebene zu suchen, etwas, das ich die jahrhundertelange "Abwertung des Weiblichen" nennen würde.

SZ: Aber hat sich da in den vergangenen Jahrzehnten nicht einiges getan?

Klenner: Doch, aber trotz vieler Anstrengungen von Frauen ändert sich eine Situation in einer Gesellschaft von Millionen Menschen nur sehr langsam. Das sind Leitbilder in den Köpfen derjenigen, die eine Leistung beurteilen - also den Chefs.

SZ: Inwiefern?

Klenner: Es kann leicht passieren, dass Stereotype in eine Bewertung einfließen. Von Männer erwartet man, dass sie viel arbeiten, leistungsfähig sind. Von Frauen denkt man dagegen, dass sie mit den Gedanken schnell mal woanders sind, bei Familie und Kindern etwa. Und dann kommen sie schlechter weg.

SZ: Was raten Sie Frauen?

Klenner: Sie sollten auf allen Ebenen aktiv werden. Sie müssen sich informieren, was andere Kollegen im Unternehmen verdienen und sich an den Betriebs- oder Personalrat wenden. Und: Wenn eine Frau vermutet, dass sie ungerecht behandelt wird, sollte sie arbeitsrechtliche Wege gehen.

SZ: Was können Frauen im Arbeitsalltag tun?

Klenner: Das Harmoniebedürfnis, das viele Frauen haben, ist schädlich für das berufliche Weiterkommen. Aber ich halte nicht viel davon, dem Opfer auch noch die Schuld zu geben. Allerdings stehen Frauen seltener vor der Tür des Chefs, stampfen auf und sagen: "Ich will mehr Geld, sonst bin ich weg."

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