Gehaltsentwicklung:Womit Arbeitnehmer 2012 rechnen können

Wie entwickeln sich Löhne und Gehälter 2012? Welche Berufsgruppen haben die Nase vorn - und welche müssen sich eher bescheiden? Tim Böger von der Vergütungsberatung Personalmarkt sagt, wer sich im kommenden Jahr über ein deutliches Gehaltsplus freuen kann.

Barbara Galaktionow

Gibt es 2012 mehr Lohn und Gehalt? Was können Arbeiter und Angestellte im kommenden Jahr erwarten? Wessen Einkommen stagniert, wessen steigt? sueddeutsche.de befragte Tim Böger, Gründer und Geschäftsführer der Vergütungsberatung PersonalMarkt. Die Hamburger Firma hat gemeinsam mit Wirtschafts-Professor Tom Krebs von der Universität Mannheim eine Studie zur Entwicklung der Gehälter in Deutschland für das kommende Jahr vorgelegt. Diese basiert auf 1,5 Millionen Gehaltsdaten aus den letzten zwölf Jahren sowie auf mehr als 200.000 aktuellen Gehaltsdaten aus den letzten zwölf Monaten.

Warnstreik Wicker-Kliniken

Organisation zahlt sich aus: Wo Gewerkschaften großen Einfluss haben, werden sich Arbeitnehmer wohl auch 2012 über mehr Lohn und Gehalt freuen können als in Branchen mit geringem Organisationsgrad.

(Foto: dpa)

sueddeutsche.de: Herr Böger, wie entwickeln sich die Gehälter in Deutschland 2012? Können Arbeitnehmer zuversichtlich ins neue Jahr blicken?

Tim Böger: Die Gehälter werden sich 2012 recht positiv entwickeln. Konkret bedeutet das laut unserer Studie für Führungskräfte ein Plus von 7,6 Prozent im Total Cash, also beim Grundgehalt plus der variablen Zahlungen, für Sachbearbeiter und Facharbeiter ohne Studium ein Plus von 2,5 Prozent und für Akademiker ohne Führungsverantwortung ein Plus von 1,8 Prozent.

sueddeutsche.de: Warum profitieren Angestellte in Führungspositionen mehr als andere?

Böger: Das liegt vor allem daran, dass sie nach 2009 teilweise kräftige Verluste hinnehmen mussten. Selbst jetzt werden diese noch nicht wieder ganz ausgeglichen. Anders ist das bei den unstudierten Sachbearbeitern und Facharbeitern: Auch diese mussten nach 2009 Einbußen hinnehmen, die mit dem jetzigen Anstieg allerdings mehr als ausgeglichen werden. Insgesamt steigen die Gehälter in dieser Gruppe aber zu langsam, das heißt der Anstieg gleicht, auch über die letzten Jahre gesehen, die Inflation nicht aus.

sueddeutsche.de: Und warum sind die Aussichten für die Akademiker, die keine leitende Position haben, so viel schlechter?

Böger: Bei den Akademikern fällt der Zuwachs vergleichsweise schwach aus, weil diese durch das Krisenjahr 2009 nur wenig belastet wurden. Der Zuwachs ist also gering, es gab aber auch kaum Nachholbedarf. Auch für diese Gruppe gilt, dass die Gehaltszuwächse die Inflation der letzten Jahre nicht ausgleichen.

sueddeutsche.de: Welche Auswirkungen hat der häufig beschworene Fachkräftemangel?

Böger: Das dürfte in den nächsten Jahren zunehmend relevant werden. Unternehmen, die ihre Stellen nicht mehr besetzen können, werden bereit sein, höhere Gehälter zu zahlen. Das wird auf technisch-akademische Berufe sicher zutreffen, aber auch auf Spezialisten in kaufmännischen Disziplinen wie etwa Finance, Controlling oder bei Managementaufgaben.

In welchen Branchen die Gehälter steigen können

sueddeutsche.de: Wie sieht die Entwicklung in einzelnen Branchen aus - gibt es hier deutliche Gewinner und Verlierer?

Tim Böger

Gute Aussichten: Tim Böger prognostiziert für 2012 eine insgesamt positive Entwicklung der Gehälter. Böger ist Gründer und Geschäftsführer der Hamburger Vergütungsberatung PersonalMarkt. Die Firma unterhält eine der größten Gehaltsdatenbanken Deutschlands

(Foto: PersonalMarkt)

Böger: Bestimmte Berufsgruppen sind schwer auszumachen bei einer solchen Prognose, die ja auf einer großen Gesamtdatenmenge basiert. Die Daten einzelner Berufsgruppen reichen da nur selten aus. Es ist allerdings zu erwarten, dass Mitarbeiter in Branchen, die von großen Unternehmen und einem entsprechend hohen Einfluss von Gewerkschaften geprägt sind, auch dieses Mal stärker profitieren als Berufsgruppen, die traditionell einen geringen Organisationsgrad aufweisen. Auf der Sonnenseite werden also vor allem Mitarbeiter bei Banken und in der Chemie-, Maschinenbau- und Automobilindustrie stehen. Voraussetzung ist natürlich, dass sie ihren Arbeitsplatz behalten. Der Mechanismus ist ja häufig so: Unternehmen geraten in eine Krise und trennen sich von Mitarbeitern. Dann zieht die Konjunktur wieder an und für die verbliebenen Mitarbeiter macht sich ein hoher Organisationsgrad sehr positiv bemerkbar. Auf der anderen Seite stehen Mitarbeiter, zum Beispiel in der Werbebranche oder im Einzelhandel, bei denen die Zuwächse geringer ausfallen dürften.

sueddeutsche.de: Sie ermitteln ja auch regionale Unterschiede: In welchen Gegenden kann man sich über Lohn- und Gehaltszuwächse freuen? Welche Regionen sind von der Entwicklung abgekoppelt?

Böger: Die Unterschiede sind nicht wirklich groß. Bei den Akademikern reicht die Spanne von 1,6 Prozent in der Region Hessen bis zu zwei Prozent im Norden und Osten. Größer sind da schon die Unterschiede bei Führungskräften, die in Nordrhein-Westfalen wohl nur um 6,1 Prozent zulegen werden, in Norddeutschland aber wohl um 7,8 Prozent. Allerdings ist das Niveau, von dem aus in beiden Regionen gestartet wird, keineswegs gleich: In Nordrhein-Westfalen liegt das Durchschnittseinkommen in dieser Personengruppe laut unserer Datenbank bei gut 85.000 Euro Jahresgehalt, im Norden dagegen nur bei knapp 75.000 Euro.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: