Gehalt:"Was haben Sie denn für Gehaltsvorstellungen?''

Wie Frauen mehr Geld verdienen: Besuch bei einem Gehalts-Coach.

Charlotte Frank

Das Einstellungsgespräch läuft nach Plan. Die Bewerberin wirkt souverän, locker, kompetent. Aber dann kommt dieses eine, unangenehme Thema, vor dem sie sich gefürchtet hat: ,,Was haben Sie denn für Gehaltsvorstellungen?'', fragt der Chef. Woraufhin die Bewerberin verlegen auf den Boden blickt, ihre Finger knetet und antwortet: ,,Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.''

Wie Frauen mehr Geld verdienen: Besuch bei einem Gehalts-Coach.
(Foto: Foto: iStockphoto)

,,Ganz falsch!'', braust der Chef auf und unterbricht die Unterhaltung. Denn ,,der Chef'' ist die Kommunikationstrainerin Cornelia Topf und das Einstellungsgespräch ein Rollenspiel, in dem sie mit einer Klientin eine Gehaltsverhandlung nachstellt.

,,Sobald es ums Geld geht'', sagt Topf, ,,trauen Frauen sich nicht zu fordern, was ihnen zusteht.''Die Folge: Sie bekommen für die gleiche Leistung deutlich weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen, im Durchschnitt 22,5 Prozent monatlich, wie eine Online-Erhebung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) ergibt.

Im engeren Kreis der Führungskräfte ermittelte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung 2006 sogar einen Gehaltsunterschied von 27 Prozent zwischen weiblichen und männlichen Vollzeitbeschäftigten. Mit diesen Zahlen liegt Deutschland weit über dem europäischen Durchschnitt von 16 Prozent Lohnunterschied. Das mag unter anderem daran liegen, dass Männer tendenziell höhere Positionen anstreben und bei Gehaltsgesprächen forscher auftreten, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung herausfand.

,,Daran kann man als Frau arbeiten'', glaubt Cornelia Topf. Wie, das beschreibt die Wirtschaftswissenschaftlerin in Ratgebern, darunter ,,Gehaltsverhandlungen für freche Frauen''. Gleichzeitig bietet sie mit ihrer Agentur Metatalk persönliche Coachings an. Dabei inszeniert sie virtuelle Gehaltsgespräche und fordert ihre Klientin heraus: ,,Sie wollen mehr Geld? Warum?'' Da setzt ihr Gegenüber an: ,,Weil mein Kollege mehr bekommt. Das ist ungerecht.'' Topf bügelt das mit der Bemerkung ab, sie ertrage in ihrem Betrieb keine Missgunst. Nächster Anlauf: ,,Aber ich komme mit dem Geld nicht aus, jetzt wo wir das Haus bauen.'' Worauf Topf erwidert: ,,Wenn Sie schlecht haushalten, kann dafür die Firma nichts!'' Auch den Hinweis auf unbezahlte Überstunden lässt sie nicht gelten: Dann müsse sie schneller arbeiten.

,,Frauen heben Gehaltsgespräche schnell auf die emotionale Ebene'', sagt die Kommunikationstrainerin später bei der Auswertung. Das sei falsch. ,,Mit Jammern oder Gefühlsduselei überzeugen Sie niemanden.'' Auch Privates habe in Gehaltsgesprächen nichts zu suchen. Überzeugender wirke es, mit Leistung zu argumentieren. ,,Gelungene Projekte oder positives Feedback von außen.'' Topf stellt eine Positivliste zusammen. ,,Erfolgstagebuch führen'', schreibt sie. Und: ,,Konkrete Gehaltsformulierungen.''

Um mehr Transparenz zu schaffen, betreibt das WSI seit drei Jahren die Website frauenlohnspiegel.de. Durch Fragebögen konnte mittlerweile für mehr als 140 Berufe die geschlechtsbedingte Lohndifferenz errechnet werden. Eine Elektroingenieurin beispielsweise steht gut da: Sie verdient im Schnitt nur zehn Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Weit hinten liegen dagegen die Mediengestalterinnen mit einer Gehaltskluft von 35 Prozent. ,,Aber die beste Kenntnis nutzt nichts, solange es vielen Frauen wichtiger ist, gemocht zu werden, anstatt gut bezahlt'', sagt Topf. Denn aus dieser Perspektive werden Frauen Gehaltsforderungen immer als unangenehm empfinden - ,,Sogar unangenehmer als die Ungerechtigkeit'', sagt Topf und schüttelt den Kopf.

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