Führungsspitzen:Immer Ärger mit dem Oberboss

Jogi und Theo sind keine Einzelfall: Wenn in Unternehmen charismatische Abteilungsleiter auf eifersüchtige Chefs treffen, gibt es nur einen Ausweg.

Harald Freiberger

Viele wunderten sich in der vergangenen Woche, wie es so weit kommen konnte, und manche befürchteten schon die größte anzunehmende nationale Katastrophe: Dass die Fußball-Nationalelf wenige Monate vor der Weltmeisterschaft in Südafrika ihren allseits geschätzten Trainer Jogi Löw verlieren könnte, weil der Konflikt zwischen ihm und DFB-Chef Theo Zwanziger unkontrollierbar zu eskalieren drohte. Die Parteien schlossen schließlich reumütig einen Burgfrieden, und die Öffentlichkeit hofft, dass er auch hält. Denn niemand will eigentlich Jogi gehen lassen.

Führungsspitzen: Der Oberboss wird nervös, wenn ihm der kreative Abteilungsleiter den Rang streitig macht: DFP-Chef Theo Zwanziger und Bundestrainer Jogi Löw.

Der Oberboss wird nervös, wenn ihm der kreative Abteilungsleiter den Rang streitig macht: DFP-Chef Theo Zwanziger und Bundestrainer Jogi Löw.

(Foto: Foto: dpa)

Einzigartiger Konflikt

Der Konflikt scheint einzigartig zu sein; in Wirklichkeit kommt er in Unternehmen aber ziemlich häufig vor. Da ist auf der einen Seite der Oberboss, der sein Amt schon ein paar Jahre ausübt und in Ehren ergraut ist. Die wilden Jahre hat er mittlerweile hinter sich gelassen, ebenso seine Kreativitätsschübe. Er hat es bis ganz an die Spitze geschafft, die er nun verwaltet und verteidigt.

Und da ist auf der anderen Seite der hoffnungsvolle Abteilungsleiter, der Schwung in den Laden gebracht hat. Er hat neue Methoden eingeführt, Begeisterung bei den Mitarbeitern geweckt und alles richtig gemacht, so richtig, dass seine Abteilung mit Abstand zur wichtigsten des Unternehmens geworden ist, sowohl was den Umsatz betrifft als auch die Strahlkraft nach außen. Manchmal hat man sogar das Gefühl, der Abteilungsleiter sei der eigentliche Boss des Ladens, während der Chef blass in den Hintergrund rückt.

Der Chef wird überflüssig

Das kann dem Chef natürlich nicht recht sein, weil eine solche Entwicklung ihn auf Dauer überflüssig macht. Der Abteilungsleiter mag vielleicht nicht direkt die Säge am Stuhl des Chefs ansetzen, er tut dies aber indirekt allein durch sein Charisma und seine Leistungen.

Möglicherweise steigt sein Selbstbewusstsein auch noch so sehr, dass er sich in der Position sieht, immer mehr Gehalt und Einfluss fordern zu können, wie Jogi es über seinen Forderungssteller Oliver Bierhoff getan hat. Es ist eine ganz natürliche Reaktion des Oberbosses, dass er irgendwann "Stopp" sagt. Denn täte er es nicht, könnte er gleich gehen, und das tun Menschen, die es so weit nach oben gebracht haben, ungern freiwillig.

Alles andere wäre Königsmord

Also kommt es zum großen Krach, der beim DFB in letzter Minute eingegrenzt wurde. Das aber wohl weniger, weil sich die Parteien ausgesöhnt haben; mehr aus der Einsicht heraus, dass beide einander bis auf weiteres noch brauchen werden. Jogi braucht Theo, weil er von diesem entlassen werden kann, Theo braucht Jogi, weil es einen öffentlichen Aufschrei gäbe, wenn er diesen entließe und er gleich selber mitgehen könnte.

Bei Unternehmen, die nicht so stark unter öffentlicher Beobachtung stehen, geht die Geschichte meist anders aus: Da muss der junge, charismatische Abteilungsleiter gehen, weil alles andere Königsmord wäre, und einen solchen hat es in der deutschen Geschichte selten gegeben.

Nicht mehr der junge Wilde

Der charismatische Abteilungsleiter sucht sich dann irgendwo etwas anderes, was ihm wegen seiner überragenden Fähigkeiten nicht schwerfällt. Es kann aber gut sein, dass er später zu seinem alten Unternehmen zurückkommt, dann nämlich, wenn der Oberboss endgültig abdankt, weil er die Altersgrenze erreicht hat. Von diesem Moment an ist der frühere Abteilungsleiter nicht mehr der junge Wilde, sondern selbst der Oberboss, der aufpassen muss, dass ihm seine Abteilungsleiter nicht zu charismatisch werden.

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