Führungsspitzen:Einmal auf Freitag beamen, bitte

Kaum hat die Woche begonnen, bestimmt der Job wieder das Leben. Freuen auf den nächsten Urlaub hilft auch nichts - der stirbt langsam aus. Genau wie andere Büro-Gewohnheiten.

Nicola Holzapfel

Montag früh, das Zeiterfassungssystem erkennt die persönliche Zugangskarte: Man ist nun "anwesend". Danke für den Hinweis, wäre einem fast entgangen, dass man schon da ist. Man war ja gedanklich noch irgendwo zwischen der Frühstückslektüre und dem nächsten Urlaub.

Kaffeepause

Kaffe würde am Montagmorgen vielleicht helfen - aber der stirbt langsam aus.

(Foto: iStock)

Auf den Schreck hin erst einmal einen Kaffee. In einem modernen Büro geht es nun zum Meeting-Point, den Koffeinkick holen. Das klingt so einfach. Tatsächlich benötigt der Büromensch von heute eine Zusatzausbildung zum Kaffee-Experten, um den Vollautomaten bedienen zu können. Da gibt es Cappuccino, Latte macchiato, Caffè Latte, Espresso. Aber Kaffee? Fehlanzeige. Das Wort stirbt aus. Genauso wie Lohnsteuerkarte. Die gab es 2010 zum letzten Mal und schon ist sie vergessen, interessiert keinen mehr.

Bald verschwinden wird wohl der "Nine-to-Five-Job". Heute sind alle ständig online und erreichbar und arbeiten viel länger als bis fünf, ach, eigentlich immer. Deswegen stirbt demnächst auch der Urlaub aus. Er ist gerade dabei, sich in eine Art Dienstreise zu verwandeln. Urlaubende Chefs und Kollegen beantworten ständig E-Mails und telefonieren mit dem Team im Büro, das doch eigentlich froh war, dass sie endlich mal weg sind.

Wie soll das nur werden, wenn erst die Digital Natives die Macht übernehmen? Das ist eines dieser neuen Worte, die Einzug halten in unsere Arbeitswelt. Digital Natives, das sind die, die mit dem Internet und allen neuesten Errungenschaften der Technik aufgewachsen sind. Sie können das Handy locker im zarten Alter von zwei Jahren bedienen, während der digitale Oldie froh ist, wenn er mit seinem alten Daumen bei seinem neuen Handy wieder aus dem Flugmodus herausfindet<. Aber er ist ja damals auch nicht mit iPod-Stöpseln im Ohr und einem persönlichen Konto in einem sozialen Online-Netzwerk auf die Welt gekommen. Für ihn ist es deswegen nicht einfach, mit einem Digital Native zu kommunizieren, der sich nicht darüber wundert, dass er auf "Start" klicken muss, wenn er den Computer ausschalten will.

So ein Office-Dinosaurier sieht auch keinen Sinn darin, zu twittern, dass er gerade "in" oder "out of office" ist. Und selbst wenn er sich bemüht, mit der Zeit zu gehen und Mitglied in einem Social Network wird, versteht er nicht, warum seine jungen Kollegen ihm plötzlich Freundschaftsanfragen ins E-Mail-Postfach schicken.

Dabei war doch gar nicht alles schlecht, was nun langsam aber sicher aus unserer Bürowelt verschwindet. Das Urlaubs- und Weihnachtsgeld zum Beispiel, das von Einmalzahlungen verdrängt wird. Oder die Zigarettenpause - nein, das nehmen wir zurück: zu ungesund. Oder manche der Praktikanten, die noch gar nicht ahnen, dass auch sie bald der Büro-Steinzeit angehören. Wer stellt denn bei Fachkräftemangel einen Praktikanten ein? Künftig geht es direkt auf einen Management-Posten.

Aber es gibt auch wirklich tolle Neuerungen. Die "Time Machine" zum Beispiel. Sie verleitet einen zum Träumen - davon, dass sie mehr könnte, als die Daten auf dem Computer zu sichern. Wäre es nicht manchmal herrlich, sie könnte einen schon Montagmorgen auf Freitagabend beamen? Man steckt seine Karte einfach wieder ins Zeiterfassungsgerät und wartet auf die Meldung, dass man "abwesend" ist. Aber nein, das Gerät piept gefährlich, auf dem Display blinkt "Lesefehler"! Jetzt heißt es dableiben. Die Woche beginnt.

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