Führungsjobs:Zu viele Männer sind schlecht fürs Geschäft

Die schwedische Politikerin Gudrun Schyman fordert eine Frauenquote in Aufsichtsräten. Das würde den Unternehmensgewinn steigern.

Gunnar Herrmann

Gudrun Schyman hat in ihrer Karriere schon eine Menge Ideen getestet, der Kapitalismus blieb der ehemaligen Chefin von Schwedens Linkspartei aber eher fremd. Vor einigen Wochen ging sie jedoch an die Börse. Dort kaufte sie sich von zehn großen schwedischen Aktiengesellschaften jeweils eine Aktie und fortan trat die begabte Rednerin und radikale Feministin regelmäßig bei Aktionärsversammlungen auf, wo sie den Wirtschaftsbossen Sätze an den Kopf warf wie: "Die Rentabilität sollte der Leitstern eines Unternehmens sein." Da werden ihr die meisten Manager beipflichten, strittig ist aber der rechte Weg zum Profit. Schyman meint, dass es vor allem Frauen sind, die den Gewinn steigern.

Gudrun Schyman kämpft auf Hauptversammlungen für mehr Frauen in Führungsjobs.

Gudrun Schyman kämpft auf Hauptversammlungen für mehr Frauen in Führungsjobs.

(Foto: Foto: AP)

Die 59-Jährige war die erste Vorsitzende der Linkspartei, die sich klar vom Kommunismus distanzierte. Nachdem sie ihr Amt wegen einer Steueraffäre verlor, profilierte sie sich als Frauenrechtlerin, sie ist die wohl bekannteste Feministin Schwedens. Auch in die Rolle als Kleinaktionärin ist sie geschlüpft, um gegen das Patriarchat zu kämpfen - und für mehr Frauen in Aufsichtsräten. Dabei argumentiert sie streng betriebswirtschaftlich. Zu viele Männer sind Schyman zufolge schlecht fürs Geschäft. Diese Ansicht untermauert sie mit Forschungsergebnissen der Universität Uppsala, denen zufolge es einen Zusammenhang zwischen Rendite und Frauenquote gibt.

Der Zugang von Frauen zu Spitzenpositionen der Wirtschaft ist in Schweden ein Dauerthema. Die Zeitungen veröffentlichen jährlich Tabellen, aus denen man etwa ersehen kann, dass nur 21,5 Prozent aller Aufsichtsräte weiblich sind. Gerne wird in der Diskussion auf Norwegen verwiesen. Dort verpflichtete die Regierung Aktiengesellschaften per Gesetz auf einen Frauenanteil von 40 Prozent in den Aufsichtsgremien. "Aber in Schweden sagen die Arbeitgeber: Das ist keine Frage für Politiker, sondern für die Eigentümer", sagt Schyman. "Da bin ich eben Eigentümerin geworden."

Eigentlich ist Gudrun Schyman für eine gesetzliche Quotenregelung, aber es gibt in Schweden dafür keine Mehrheit. Bei der Parlamentswahl im vergangenen Herbst scheiterte sie mit ihrer neugegründeten Frauenpartei "Feministische Initiative" grandios - sie gewann keinen einzigen Parlamentssitz. Mittlerweile wurde die Partei in einen Verein umgewandelt, der Abseits der politischen Bühne für Gleichberechtigung kämpft, etwa auf Aktionärsversammlungen. "Es gibt eben unterschiedliche Wege, um ein Ziel zu erreichen", sagt Schyman.

Ihre ersten Auftritte absolvierte die Frauenrechtlerin im männlich dominierten Reich der Unternehmerfamilie Wallenberg. Sie sprach auf deren Aktionärsversammlungen und sogar Marcus Wallenberg, Aufsichtsratsvorsitzende bei Investor und angehender Patriarch der berühmten Familie, konnte sich ihrer feministischer Logik nicht entziehen. "Wir glauben, dass ein Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern ein besseres Betriebsergebnis bringt", pflichtete er ihr bei, betonte aber, er glaube nicht an Zwangsquoten. Wichtig sei, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, damit man später bei der Besetzung von Aufsichtsratsposten qualifizierte Frauen zur Auswahl habe. "Eine kluge Überlegung", antwortete Schyman. "Worauf wartet ihr dann noch?"

Mittlerweile hat sie bei allen zehn Gesellschaften, deren Aktien sie hält, für mehr Frauen in der Chefetage geworben. Mit dem Erfolg ist sie zufrieden. Nicht nur, dass es ein großes Medienecho gab - Schyman bekam auch aufmunternde Briefe und Anrufe von Kleinaktionären. "Es gibt Menschen, die mit ihrem Aktienvermögen gerne zu mehr Gleichberechtigung beitragen würden", sagt Schyman. Derzeit suche sie aber nach einem Weg, das Interesse der Wirtschaft an ihrer Sache irgendwie zu organisieren und es nutzbar zu machen.

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